Schlagwort-Archive: Kritik

DVD-Kritik: Arne Dahl – Vol. 1 („Misterioso“, „Böses Blut“ und „Falsche Opfer“)

Die A-Grippe (c) Edel

Seit 1998 schreibt der Autor und Literaturwissenschaftler Jan Lennart Arnald unter dem Psyeudonym Arne Dahl sehr erfolgreich Kriminalromane. Mittlerweile sind neun seiner zehnbändigen Reihe über das A-Team in deutscher Übersetzung erschienen, der zehnte und abschließende Teil „Bußestunde“ wird am 14. Mai 2013 bei Piper erscheinen. Als Leserin der ersten Stunde hatte ich mich sehr darüber gefreut, dass diese Reihe verfilmt wird. Denn meines Erachtens bieten die Romane mit ihren packenden Storys und vielschichtigem Figurenarsenal eine hervorragende Ausgangsbasis für eine Verfilmung, die nach Vorbild der Kommissar-Beck-Reihe eine eigenständige Adaption darstellen könnte. Weiterlesen

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„Paperboy“ von Pete Dexter

„Mein Bruder Ward war einmal berühmt.“ Mit diesem Satz beginnt Pete Dexters „Paperboy“ und er gibt sogleich den Tenor vor: Hier wird von einem erzählt, dessen Ruhm nicht dauerhaft war. Von Anfang an steuert Pete Dexters „Paperboy“ daher auf einen Abgrund zu, dessen Ausmaß sich lange lediglich erahnen lässt, aber stets im Hintergrund zu spüren ist. Dabei ist „Paperboy“ zugleich eine Parabel über das Zeitungswesen und das Verbrechen.

(c) Liebeskind

Zwei Journalisten und ein Kriminalfall
Nachdem er sein Schwimm-Stipendium verloren hat, ist Jack James – der Erzähler von „Paperboy“ – von der Universität geflogen und ins heimatliche Lately, Florida zurückgekehrt. Es ist das Jahr 1969 und Jack weiß nicht recht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Also verdingt er sich als Fahrer für die Zeitungen seines Vaters W.W. Sein Bruder Ward arbeitet hingegen als Reporter für die Miami Times und hat einige Aufmerksamkeit für einen Artikel über einen Flugzeugabsturz erhalten, den er mit seinem Kollegen Yardley Achman zusammen geschrieben hat. Es heißt, Ward habe die exakten Recherchen und genauen Analysen beigesteuert, während Yardley Achman den schillernden Schreibstil habe. Für Familie James ist Ward nunmehr der Hoffnungsträger, der die liberale Familienzeitung eines Tages fortführen könnte.

Dann kehrt Ward nach Lately zurück, um sich einen vier Jahre zurückliegenden Fall noch einmal anzusehen. Weiterlesen

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„Die dunkle Treppe“ von Helen FitzGerald

Vor diesem Buch habe ich fast ein wenig gefürchtet. Dafür haben Klappen- und Pressetext gesorgt, noch dazu habe ich – obwohl ich mich durchaus als hartgesotten bezeichnen würde – immer etwas Probleme mit Folterszenen. Doch als ich Helen FitzGeralds „Die dunkle Treppe“ einmal angefangen hatte, konnte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen. Wortwörtlich: Ich habe dieses Buch in einem Rutsch durchgelesen und habe mich willentlich bei einer Verabredung verspätet, weil ich es unbedingt fertig lesen wollte. Deshalb werde ich auch nicht allzu viel über den Inhalt verraten, obwohl er teilweise auf dem Klappentext und auch anderen Besprechungen nachzulesen ist. Doch nach meiner Einschätzung ist „Die dunkle Treppe“ ein Buch, über das man vorab so wenig wie möglich wissen sollte. Weiterlesen

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„Tower“ von Ken Bruen und Reed Farrel Coleman

(c) Rotbuch Verlag

Zwei Autoren schreiben einen Kriminalroman – oder im Fall von „Tower“ erzählen Ken Bruen und Reed Farrel Coleman eine Geschichte aus zwei Perspektiven: Die Iren Nick und Todd wachsen zusammen in Brooklyn auf, raufen sich auf dem Schulhof, sind beste Freunde und rutschen irgendwann in die Kriminalität ab. Anfangs halten sie sich mit kleinen kriminellen Jobs über Wasser. Aber dann steigen sie in der Hierarchie der Organisation des unberechenbar-eitlem Boyle auf – mit ungeahnten Folgen.

Der titelgebende „Tower“ spielt auf den Nordturm des World Trade Center an, in dem Nicks Vater nach dem Ende seiner Dienstzeit bei der Polizei als Wachmann arbeitet. Aber letztlich bietet der 11. September hier nur einen Rahmen, der sich nicht recht um die Geschichte fügen will. Insbesondere der Epilog, der die Geschichte auf eine allgemeine Ebene heben will, ist schwach.

Ohnehin bietet der Plot nur wenig neue Elemente. Stattdessen unterhält „Tower“ vor allem durch die Umsetzung der Story. Während Nicks Episode von einem vermeintlichen Aufstieg geht, ist Todds Leben ein einziger Kampf gegen den Abgrund. Dabei fügen sich die Puzzleteile der Episoden in Nicks und Todds Leben gut zusammen, es gibt interessante Spiegelungen und Parallelen. Stilistisch können die zwei Teile deutlich Ken Bruen (Nick) und Reed Farrel Coleman (Todd) zugeordnet werden. Nicks Leben ist von einer unbändigen Wut geprägt, die sich in Bruens schroffem Stil und den vielen willensstarken Details widerspiegelt. Todd ist hingegen ruhiger, melancholischer, hierzu passt Colemans elegante Prosa, die sich eher auf das Ergründen von Seelenzuständen konzentriert. Dadurch ist „Tower“ – im Gegensatz zu beispielsweise Bruens Romanen, die er mit Jason Starr geschrieben hat – ein Buch, in dem zwei Schriftsteller zusammenwirken, ohne ihre Eigenständigkeit zu verlieren, und es zeigt eine interessante Form der Zusammenarbeit auf.

Es ist ein sprachlicher Genuss, dieses Buch zu lesen, außerdem lädt insbesondere der Teil über Nick ein, einige Künstler wiederzuentdecken. Aufgrund der insgesamt schwachen und vorhersehbaren Geschichte bleibt „Tower“ jedoch vor allem eine stilistische Fingerübung.

Andere über „Tower“:
Krimimimi
Christian Enders

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Oscar 2013 – Die Gewinner und eine kurze Kritik zur Show

Jennifer Lawrence mit ihrem Oscar (c) Darren Decker / ©A.M.P.A.S.

Nachdem heute Morgen gegen halb sechs der letzte Oscar vergeben war, wollte ich nur noch schlafen. Deshalb schreibe ich erst jetzt etwas über die Verleihung, die dröge, unlustig und überraschungsarm war. Immerhin wurde „Argo“ als bester Film ausgezeichnet, der für mich nach „Amour“ der beste der nominierten Filme war. Damit kann ich leben. Weitaus mehr wird mir aber wohl Erinnerung bleiben, dass „Argo“ im Herbst letzten Jahres erst so gefeiert wurde und nun viele gegen den Film wettern. Ansonsten kann ich mich noch nicht einmal richtig darüber aufregen, dass Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, obwohl Emmanuelle Riva besser war. Dafür mag ich Jennifer Lawrence zu sehr.

Catherine Zeta-Jones singt “All that Jazz” aus “Chicago” (c) Michael Yada / ©A.M.P.A.S.

Im schlimmsten Fall sind die Preisträger der diesjährigen Oscars also Mittelmaß – und passen damit hervorragend zu einer Show, die so viel wollte und der so wenig gelang. Sie stand unter dem Motto Musik im Film, die nach Wahrnehmung der Produzenten hauptsächlich aus dem Musical „Chicago“, die Bond-Themes und „Les Misérables“ zu bestehen scheint. Nun glaube ich nicht, dass „Chicago“ der Film- bzw. Oscargeschichte mehr gebracht hat, als einige der größten Fehlentscheidungen der Academy, aber das sehen Craig Zadan und Neil Meron, die zufälligerweise auch die Executive Producers bei „Chicago“ waren, anscheinend anders.

Seth MacFarlane Michael Yada / ©A.M.P.A.S.

Immerhin haben die Musikteile etwas Abwechslung in die Show gebracht. Die meisten Anmoderationen der Preise waren ebensowenig lustig wie Seth MacFarlane, dessen Eröffnungsnummer voller furchtbare Ideen war. Der „Boob-Song“ über die Brüste der Frauen kann ja von mir aus „meta“ und „ironisch“ gemeint sein, er war schlichtweg sexistisch. Auch ansonsten waren für mein Empfinden seine Witze nicht bissig oder sarkastisch, sondern verletzend. Dazu gehören ein Witz über die „Date“-Tauglichkeit von Quvenzhané Wallis für George Clooney (das Mädchen ist neun Jahre alt), die Behauptung, dass Salma Hayek nicht verstanden wird, aber wenigstens gut aussieht, und „Django Unchained“ ein „Date-Movie“ für Rihanna und Chris Brown ist. Wenn das der Versuch der Academy ist, jünger und hipper zu sein, dann sind sie auf dem falschen Weg. (Schließlich haben Tina Fey und Amy Poehler erst gezeigt, wie man eine Preisverleihung auch moderieren kann).

Ohnehin musste ich gestern Nacht vor dem Fernseher darüber nachdenken, ob nicht das Konzept der Show das eigentliche Problem ist. Die Oscars sollen jünger und hipper werden, sich zugleich aber den Glanz und Glamour alter Zeiten bewahren. Doch wenn daraus folgt, das Tanz-Nummern, die ich zugegebenermaßen sehr schön fand, neben sexistischen Witzen stehen, dann funktioniert es nicht. Vielleichte sollten die Verantwortlichen daher einen radikalen Schnitt machen und auf den bombastischen Rahmen der Verleihung verzichten. Oder aber bei der Wahl der Moderatoren auf nostalgischen Charme setzen – also Hugh Jackman statt Seth MacFarlane. Aber für das nächste Jahr besteht ja immerhin die Hoffnung, dass sie Tina Fey diese Show moderieren lassen. Weiterlesen

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Mit Ohrwurmgarantie – „Les Misérables“

(c) Univeral Pictures

Nun habe ich endlich „Les Misérables“ gesehen. Erst hat mir eine unangekündigte Terminverschiebung den Film versagt, bei der Berlinale gab es zu viele andere Filme und auch am Freitag stand die Sichtung unter keinem guten Stern. Die reservierten Karten für das gemütliche Woki mussten wir verfallen lassen, weil der Mann länger arbeiten musste, und wir hätten nicht mehr rechtzeitig ins Kino geschafft. Zum Glück lief der Film aber etwas später im Stern, also sind wir dorthin gegangen. Allerdings wusste ich dort schnell wieder, warum ich dieses Kino trotz seines Retro-Charmes nicht mag: die Sitze sind unfassbar unbequem, die Leinwand winzig und insbesondere gestern war der Ton schlechter als am heimischen Fernseher. Das ist Musical, da will ich die Musik und Gesang hören – und zwar laut!

Javert (Russell Crowe) (c) Universal Pictures

„Les Misérables“ ist ein Film, den ich gerne mögen möchte. Die Musik des Bühnenmusicals ist toll und die Geschichte bietet genug Drama und Leidenschaft für eine opulente, mitreißende Verfilmung. Leider schickt Tom Hooper seinen Cast aber überwiegend durch Kulissen, dessen Künstlichkeit bis in die letzten Reihen zu erkennen ist. Dadurch verliert der Film schon in der Eröffnungsszene: Wenn Jean Valjean (Hugh Jackman) in der Galeere „Look Down“ schmettert, erwecken die Kulissen zu keinem Zeitpunkt einen authentischen Eindruck. Dadurch wirkt die Inszenierung fast schon lächerlich. Das setzt sich auch in weiteren Szenen fort. Ausgerechnet „Can you hear the people sing“ verliert an Leidenschaft, wenn die rebellischen Studenten durch gephotoshoppte Pappkulissen laufen – oder wenn Javert (Russel Crowe) sein „Stars“ singt, während er auf dem Geländer balanciert und im Hintergrund das nächtliche Paris mit Notre Dame zu sehen ist, glaubt man sich weit mehr in einer Traumfantasie. Ohnehin fällt Tom Hooper gerade im letzten Drittel des über zweieinhalb Stunden langen Films nicht mehr viel ein. So lässt er die arme Éponine (Samantha Barks) ihr „On my own“ getreu den Liedtext auf einer Straße singen und es regnet auch noch, so dass die Zeilen „In the rain the pavement shines like silver / All the lights are misty in the river“ unfreiwillig komisch wirken. Dazu kommen kleine kitschige Einfälle, die unnötig wären – und eine Kamera, die fast schon hilflos und hektische durch die Straßen von Paris hektisch fährt. Weiterlesen

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„Searching for Sugar Man“

Während der Berlinale habe ich mir vorgenommen, endlich wieder mehr Dokumentationen zu gucken. Das hat in den letzten Jahren vor lauter Büchern und Fiktionsfilmen zu sehr gelitten, dabei habe ich sie immer gerne gesehen und mich auch während meines Studiums viel mit ihnen beschäftigt.

(c) Rapid Eye Movies

Den Anfang dieses wiedergefassten Vorhabens macht der Dokumentarfilm „Searching for Sugar Man“, der Sonntagnacht einen Oscar gewinnen könnten. In seinem Film erzählt der schwedische Regisseur Malik Bendjelloul eine unglaubliche Geschichte. In den 1970er Jahren hat Rodriguez in Detroit zwei Platten aufgenommen, die von der Kritik wohlwollend besprochen und von Produzenten geschätzt werden. Aber sie verkauften sich einfach nicht – zumindest in den USA. In Südafrika jedoch wurde Rodriguez zu einer Ikone, die in einem Atemzug mit Elvis Presley und den Beatles genannt wird. Sein Song „Sugar Man“ erreichte Platinstatus und seine Texte ermunterten die weiße Anti-Apartheidsbewegung zu weiterem Protest. Doch Südafrika war zu dieser Zeit ein Land außerhalb der internationalen Gemeinschaft. Und so wussten anscheinend noch nicht einmal die Produzenten von Rodriguez von diesem Erfolg. Weiterlesen

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