Anlässlich der Verfilmung: „Russendisko” von Wladimir Kaminer

Wladimir Kaminer (c) Doris Poklekowski

Im Jahr 1990 kam Wladimir Kaminer aus Russland nach Berlin und lebte sich in dieser Stadt schnell ein, in der es – zumindest seinem Buch „Russendisko“ zufolge – von skurrilen Gestalten nur so wimmelt. Er muss tatsächlich Gefallen an diesem Ort und seinen Bewohnern gefunden haben, daher erzählt er in 50 kurzen Geschichten von Bulgaren, die einen Döner-Laden eröffnen, dem russischen Radio-Doktor und seinem Freund Sascha, der für zwei Frauen „Nüsse aus aller Welt und deutsche Pilze aus Sachsen“ verkauft, von seinem Vater, der in Deutschland unbedingt seinen Führerschein machen wollte, und seiner Mutter, die das Reisen entdeckte, aber die Welt nicht zu groß haben wollte und deshalb immer mit einem Berliner-Billig-Busreiseunternehmen reiste. Denn der Bus fährt schön lange und nicht allzu weit in die Ferne.

Das Buch zum Film (c) Randomhouse

Die einzelnen Handlungsanrisse erinnern an Kolumnen, die vor allem durch den stets liebevollen Blick des Autors überzeugen und unterhalten. Er will niemanden entlarven oder bloßstellen, sondern er geht mit einer ungemeinen Offenheit und Neugierde durch die Welt. Deshalb fallen ihm Eigenheiten auf, die andere vielleicht übersehen würden. Und bei aller literarischen Überzeichnung entsteht bei der Lektüre niemals der Eindruck des Unglaubwürdigen oder hoffnungslos Übertriebenden. Stattdessen ermöglicht Wladimer Kaminer einen anderen Blick auf der Berlin, der die Vorteile praktisch benennt. Immerhin ist Berlin nahezu mückenfrei und verglichen mit Moskau fast ein Kurort. Deshalb kann er auch darüber hinwegsehen, dass in Berlin nichts so ist, wie es zunächst scheint. Noch nicht einmal mehr die vietnamesischen Zigarettenverkäufer stammen wirklich aus Vietnam, sondern sind lediglich ein Klischee aus Fernsehserien. Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen

Media Monday #39

Es ist wieder Montag – also Zeit für die Fragen des Media Monday, die ich dieses Mal wesentlich schneller als letzte Woche beantworten konnte. Das Bild zu diesem Beitrag habe ich erneut im Medienjournal “geklaut”, weil ich es immer noch nicht geschafft habe, ein eigenes Logo zu basteln.

1. Der beste Film mit Colin Firth ist für mich „A Single Man“, weil er in der Rolle des lebensmüden Professors eine beeindruckende schauspielerische Leistung hingelegt hat – und mir beim Sehen fast das Herz gebrochen hat.

2. Steven Spielberg hat mit „Catch me if you can“ seine beste Regiearbeit abgelegt, weil es ein äußerst unterhaltsamer Film ist, bei dem es – im Gegensatz zu vielen anderen Spielberg-Filmen – nicht zu sehr auffällt, dass er ein wenig zu lang geworden ist.

3. Der beste Film mit Marion Cotillard ist für mich „Inception“, auch wenn ich ihre Rolle darin gar nicht so gut fand. Dafür aber den Film umso besser. Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen

Spieglein, Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen

(c) Studiocanal

Angesichts der einsetzenden Flut der Neuverfilmungen von „Schneewittchen“ erwartet uns in diesem Jahr ja nahezu ein Märchen-Overkill. Aber dieser sehr unterhaltsame Film von Tarsem Singh garantiert einen vergnüglichen Kinobesuch. Die Rolle der bösen Stiefmutter wird sichtlich genussvoll von Julia Roberts gespielt, als Schneewittchen ist Lily Collins (Tochter von Phil Collins) zu sehen und den Prinzen spielt Armie Hammer.

Mit viel Humor und Tempo, einigen Grusel-Elementen und einem eindrucksvollen Produktionsdesign wird in diesem Film die bekannte Geschichte aus Sicht der bösen Königin erzählt – und bietet dabei einige einfallsreiche Wendungen!

Der Film startet am 5. April in den deutschen Kinos. Meine ausführliche Kritik ist bei spielfilm.de zu lesen.

Der Trailer gibt schon einmal einen kleinen Vorgeschmack:

Diesen Beitrag teilen

„Gier“ von Arne Dahl – Buchbesprechung und Lesungsbericht der lit.Cologne

Lesung mit Anne Bubenzer, Arne Dahl und Gerd Köster (v.l.) auf der lit.Cologne

Am gestrigen Abend stellte Arne Dahl seinen neuen Thriller „Gier“ im Rahmen der lit.Cologne auf dem Literaturschiff RheinEnergie vor. Und der Abend mit dem schwedischen Krimiautor hat mir sehr gut gefallen. Das Gespräch mit Anne Bubenzer fand überwiegend auf Deutsch statt, da Arne Dahl zeitweise auch in Berlin lebt. Zwischendurch las Gerd Köster sehr hörenswert aus dem Thriller, dabei fühlte ich mich mal wieder in meinem Ansinnen bestärkt, dass Bücher am besten von professionellen Sprechern vorgelesen werden sollte. Insgesamt stimmte die Mischung aus Vorlesen und Gespräch, zumal Arne Dahl einige interessante Ansichten über die Wirtschaftskrise, Europa und dem Kriminalroman im Allgemeinen äußerste. Außerdem bekannte er, dass er vor einiger Zeit in Kerstin Holm – eine Ermittlerin seiner A-Gruppe – verliebt gewesen sei. Aber angesichts von „Rosenrot“ hat mich das nicht so sehr gewundert. 😉

„Gier“, das A-Team und neue Ermittler
Im Mittelpunkt standen natürlich die Kriminalromane von Arne Dahl. Ich bin eine Leserin der ersten Stunde, lese also schon seit 2003. Überzeugt hat mich damals bei „Misterioso“ auch der Gedanke, dass diese Reihe von vorneherein auf zehn Bände festgelegt sein sollte. Damit stellte sich Arne Dahl in eine Tradition mit der Kommissar-Beck-Dekalogie von Maj Sjöwall und Per Wahlöö, vor allem aber hoffte ich, er würde der Versuchung widerstehen, die Reihe immer weiter fortzuschreiben, obwohl die Figuren auserzählt sind. Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen

Literaturverfilmung: “Hinter der Tür”

(c) Piffl Medien

Die Literaturverfilmung „Hinter der Tür“ von István Szabós startet am 5. April 2012 in den deutschen Kinos. Der spröde Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Magda Szabós, in dem die ungarische Schriftstellerin mit autobiographischen Parallelen von der Freundschaft der Schriftstellerin Magda (im Film gespielt von Martina Gedeck) und der geheimnisvollen Emerenc (gespielt von Helen Mirren) erzählt. Ihre Beziehung kennt in all den Jahren eine deutliche Grenzen: die Tür zu Emerencs Dienstwohnung. Dort hat sie noch niemanden hineingelassen – und als Magda eines Tages diese Schwelle überschreitet, wird sie vor eine schwierige Prüfung gestellt.

Hier gibt es einen Blick auf den Trailer:

Diesen Beitrag teilen

lit.Cologne 2012 – „Hier ist nur Blut, Herr Komissar. Ein literarisches Gemetzel“

Die Halle füllt sich langsam

Gestern war ich das erste Mal in meinem Leben auf der lit.Cologne. Dabei wohne ich nun auch schon einige Zeit im Rheinland. Aber im letzten Jahr war ich erst auf der Leipziger Buchmesse, außerdem waren meine Wunsch-Veranstaltungen dann schon ausverkauft. Dieses Jahr habe ich schnell zugegriffen und war daher gestern beim „literarischen Gemetzel“ in der Lanxess-Arena. Laut Ankündigung sollte es ein Abend mit viel deutschsprachiger Kriminalliteratur werden, außerdem sollte das WDR-Rundfunkorchester mitwirken.

Das WDR-Rundfunkorchester

Mit Musik begann dann auch der Abend. Das Orchester spielte ein Arrangement aus Titelmelodien bekannter deutscher Krimiserien wie „Der Kommissar“ und „Tatort“. Diese Mischung hat mir auch bei den Lesungen im Bonner Polizeipräsidium immer gut gefallen, daher war es ein vielversprechender Auftakt. Anschließend betrat ein gut gelaunter Frank Schätzing die Bühne, der insgesamt souverän durch den Abend führte. Er war sich für fast kein Wortspiel zu schade und hatte einige nette Pointen. Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen

Media Monday #38

Schwierige Fragen beim Media Monday

1. Der beste Film mit Charlton Heston ist für mich „Bowling for Columbine“, weil ich die Begeisterung für Charlton Heston nie verstehen konnte und er sich sowie die NRA selbst entlarvt. 🙂 Auf dem zweiten Platz landet „Touch of Evil“, weil es einer seiner wenigen Filme ist, mit denen ich etwas anfangen kann.

2. Jim Jarmusch hat mit „Broken Flowers“ seine beste Regiearbeit abgelegt, weil ich Bill Murray in diesem Film einfach großartig finde – und die Balance zwischen Tragik und Komik sehr gelungen ist. Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen