Archiv für den Monat: Februar 2013

„Gauklersommer“ von Joe R. Lansdale

(c) Golkonda Verlag

Mit „Gauklersommer“ kehrt Joe R. Lansdale nach „Kahlschlag“ wieder nach Camp Rapture im Osten von Texas zurück. Erzählte er damals von Sunset, die ihren missbrauchenden Ehemann erschoss und zum Deputy wurde, steht nun ein entfernter Verwandter von Sunset im Mittelpunkt: Ihr Enkel, der traumatisierte Irak-Kriegsveteran und Pulitzerpreis-nominierte Cason Statler, hat in Houston seinen Job verloren, weil er mit der Frau und erwachsenen Tochter des Chefredakteurs eine Affäre hatte. Nun hat er eine Anstellung beim Lokalblatt in Camp Rapture gefunden und hofft auf einen Neuanfang. Schon an seinem ersten Tag entdeckt er einen spannenden Vorfall: Die wunderschöne Geschichtsstudentin Caroline ist vor Monaten spurlos verschwinden. Mittlerweile hält man sie für tot – aber Cason wittert in ihrem Verschwinden eine Story, die ihn wieder aus der Provinz hinauskatapultieren könnte.

Es ist bemerkenswert, wie selbstverständlich und ohne moralischen Zeigefinger Joe R. Lansdale in seinem country noir die Bogen von dem 11. September und Irak-Krieg zum tief verwurzelten Rassismus in Texas und medialen Spielen spannt.  Weiterlesen

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Oscar 2013 – Die Gewinner und eine kurze Kritik zur Show

Jennifer Lawrence mit ihrem Oscar (c) Darren Decker / ©A.M.P.A.S.

Nachdem heute Morgen gegen halb sechs der letzte Oscar vergeben war, wollte ich nur noch schlafen. Deshalb schreibe ich erst jetzt etwas über die Verleihung, die dröge, unlustig und überraschungsarm war. Immerhin wurde „Argo“ als bester Film ausgezeichnet, der für mich nach „Amour“ der beste der nominierten Filme war. Damit kann ich leben. Weitaus mehr wird mir aber wohl Erinnerung bleiben, dass „Argo“ im Herbst letzten Jahres erst so gefeiert wurde und nun viele gegen den Film wettern. Ansonsten kann ich mich noch nicht einmal richtig darüber aufregen, dass Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde, obwohl Emmanuelle Riva besser war. Dafür mag ich Jennifer Lawrence zu sehr.

Catherine Zeta-Jones singt “All that Jazz” aus “Chicago” (c) Michael Yada / ©A.M.P.A.S.

Im schlimmsten Fall sind die Preisträger der diesjährigen Oscars also Mittelmaß – und passen damit hervorragend zu einer Show, die so viel wollte und der so wenig gelang. Sie stand unter dem Motto Musik im Film, die nach Wahrnehmung der Produzenten hauptsächlich aus dem Musical „Chicago“, die Bond-Themes und „Les Misérables“ zu bestehen scheint. Nun glaube ich nicht, dass „Chicago“ der Film- bzw. Oscargeschichte mehr gebracht hat, als einige der größten Fehlentscheidungen der Academy, aber das sehen Craig Zadan und Neil Meron, die zufälligerweise auch die Executive Producers bei „Chicago“ waren, anscheinend anders.

Seth MacFarlane Michael Yada / ©A.M.P.A.S.

Immerhin haben die Musikteile etwas Abwechslung in die Show gebracht. Die meisten Anmoderationen der Preise waren ebensowenig lustig wie Seth MacFarlane, dessen Eröffnungsnummer voller furchtbare Ideen war. Der „Boob-Song“ über die Brüste der Frauen kann ja von mir aus „meta“ und „ironisch“ gemeint sein, er war schlichtweg sexistisch. Auch ansonsten waren für mein Empfinden seine Witze nicht bissig oder sarkastisch, sondern verletzend. Dazu gehören ein Witz über die „Date“-Tauglichkeit von Quvenzhané Wallis für George Clooney (das Mädchen ist neun Jahre alt), die Behauptung, dass Salma Hayek nicht verstanden wird, aber wenigstens gut aussieht, und „Django Unchained“ ein „Date-Movie“ für Rihanna und Chris Brown ist. Wenn das der Versuch der Academy ist, jünger und hipper zu sein, dann sind sie auf dem falschen Weg. (Schließlich haben Tina Fey und Amy Poehler erst gezeigt, wie man eine Preisverleihung auch moderieren kann).

Ohnehin musste ich gestern Nacht vor dem Fernseher darüber nachdenken, ob nicht das Konzept der Show das eigentliche Problem ist. Die Oscars sollen jünger und hipper werden, sich zugleich aber den Glanz und Glamour alter Zeiten bewahren. Doch wenn daraus folgt, das Tanz-Nummern, die ich zugegebenermaßen sehr schön fand, neben sexistischen Witzen stehen, dann funktioniert es nicht. Vielleichte sollten die Verantwortlichen daher einen radikalen Schnitt machen und auf den bombastischen Rahmen der Verleihung verzichten. Oder aber bei der Wahl der Moderatoren auf nostalgischen Charme setzen – also Hugh Jackman statt Seth MacFarlane. Aber für das nächste Jahr besteht ja immerhin die Hoffnung, dass sie Tina Fey diese Show moderieren lassen. Weiterlesen

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Mit Ohrwurmgarantie – „Les Misérables“

(c) Univeral Pictures

Nun habe ich endlich „Les Misérables“ gesehen. Erst hat mir eine unangekündigte Terminverschiebung den Film versagt, bei der Berlinale gab es zu viele andere Filme und auch am Freitag stand die Sichtung unter keinem guten Stern. Die reservierten Karten für das gemütliche Woki mussten wir verfallen lassen, weil der Mann länger arbeiten musste, und wir hätten nicht mehr rechtzeitig ins Kino geschafft. Zum Glück lief der Film aber etwas später im Stern, also sind wir dorthin gegangen. Allerdings wusste ich dort schnell wieder, warum ich dieses Kino trotz seines Retro-Charmes nicht mag: die Sitze sind unfassbar unbequem, die Leinwand winzig und insbesondere gestern war der Ton schlechter als am heimischen Fernseher. Das ist Musical, da will ich die Musik und Gesang hören – und zwar laut!

Javert (Russell Crowe) (c) Universal Pictures

„Les Misérables“ ist ein Film, den ich gerne mögen möchte. Die Musik des Bühnenmusicals ist toll und die Geschichte bietet genug Drama und Leidenschaft für eine opulente, mitreißende Verfilmung. Leider schickt Tom Hooper seinen Cast aber überwiegend durch Kulissen, dessen Künstlichkeit bis in die letzten Reihen zu erkennen ist. Dadurch verliert der Film schon in der Eröffnungsszene: Wenn Jean Valjean (Hugh Jackman) in der Galeere „Look Down“ schmettert, erwecken die Kulissen zu keinem Zeitpunkt einen authentischen Eindruck. Dadurch wirkt die Inszenierung fast schon lächerlich. Das setzt sich auch in weiteren Szenen fort. Ausgerechnet „Can you hear the people sing“ verliert an Leidenschaft, wenn die rebellischen Studenten durch gephotoshoppte Pappkulissen laufen – oder wenn Javert (Russel Crowe) sein „Stars“ singt, während er auf dem Geländer balanciert und im Hintergrund das nächtliche Paris mit Notre Dame zu sehen ist, glaubt man sich weit mehr in einer Traumfantasie. Ohnehin fällt Tom Hooper gerade im letzten Drittel des über zweieinhalb Stunden langen Films nicht mehr viel ein. So lässt er die arme Éponine (Samantha Barks) ihr „On my own“ getreu den Liedtext auf einer Straße singen und es regnet auch noch, so dass die Zeilen „In the rain the pavement shines like silver / All the lights are misty in the river“ unfreiwillig komisch wirken. Dazu kommen kleine kitschige Einfälle, die unnötig wären – und eine Kamera, die fast schon hilflos und hektische durch die Straßen von Paris hektisch fährt. Weiterlesen

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Oscar 2013 – Wer wird gewinnen?

©A.M.P.A.S.

So schwer wie in diesem Jahr fand ich die Oscar-Tipperei noch nie. Ich kann mir in allen Kategorien die verschiedensten Szenarien ausmalen, außerdem habe ich auch nicht den einen Film(schaffenden), mit dem ich mitfiebere. Aber: Es ist mittlerweile eine gute Tradition in diesem Blog (ja, fast schon ein Brauchtum!), dass ich meine Tipps hier in der bewährten wird/sollte/könnte-Einschätzung abgebe – sofern ich eine Meinung dazu habe. Leider habe ich „The Master“ noch nicht gesehen, so dass ich zu den schauspielerischen Leistungen von Joaquin Phoenix, Philip Seymour Hoffman und Amy Adams noch nichts sagen kann.

(c) Warner Bros.

Film
Wird gewinnen: „Argo“
Sollte gewinnen: „Amour“
Könnte gewinnen: „Silver Linings Playbook“, „Lincoln“, „Life of Pi“
Es war schon lange nicht mehr so schwierig, sich auf einen Film festzulegen. Und da ich für den besten Film der neun Nominierten, „Amour“, kaum Chancen sehe, wäre ich mit „Argo“ zufrieden. Er ist für mich – wie man so schön sagt – „the best of the rest“.

Regie
Wird gewinnen: Steven Spielberg
Sollte gewinnen: Michael Haneke
Könnte gewinnen: Ang Lee
Ähnlich offen. Allerdings glaube ich, es herrscht das Gefühl vor, man müsse Spielberg mal wieder einen Oscar geben. Sofern man „Life of Pi“ aber einen Oscar geben will, dann neben den Spezialeffekten für die beste Regie. Es ist eine risikoreiche, aber gelungene Adaption. Weiterlesen

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„Searching for Sugar Man“

Während der Berlinale habe ich mir vorgenommen, endlich wieder mehr Dokumentationen zu gucken. Das hat in den letzten Jahren vor lauter Büchern und Fiktionsfilmen zu sehr gelitten, dabei habe ich sie immer gerne gesehen und mich auch während meines Studiums viel mit ihnen beschäftigt.

(c) Rapid Eye Movies

Den Anfang dieses wiedergefassten Vorhabens macht der Dokumentarfilm „Searching for Sugar Man“, der Sonntagnacht einen Oscar gewinnen könnten. In seinem Film erzählt der schwedische Regisseur Malik Bendjelloul eine unglaubliche Geschichte. In den 1970er Jahren hat Rodriguez in Detroit zwei Platten aufgenommen, die von der Kritik wohlwollend besprochen und von Produzenten geschätzt werden. Aber sie verkauften sich einfach nicht – zumindest in den USA. In Südafrika jedoch wurde Rodriguez zu einer Ikone, die in einem Atemzug mit Elvis Presley und den Beatles genannt wird. Sein Song „Sugar Man“ erreichte Platinstatus und seine Texte ermunterten die weiße Anti-Apartheidsbewegung zu weiterem Protest. Doch Südafrika war zu dieser Zeit ein Land außerhalb der internationalen Gemeinschaft. Und so wussten anscheinend noch nicht einmal die Produzenten von Rodriguez von diesem Erfolg. Weiterlesen

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Starttermin und Trailer für „Feuchtgebiete“

Regisseur David F. Wnendt mit seiner Hauptdarstellerin Carla Juri bei den Dreharbeiten zu “Feuchtgebiete” (c) Peter Hartwig / Majestic

Erinnert Ihr Euch noch: Damals, als „Feuchtgebiete“ einen Skandal auslöste? Nun soll die Verfilmung von Charlotte Roches Beststeller am 22. August 2013 in den deutschen Kinos starten. Produzent Peter Rommel („Sommer vorm Balkon“, „Halt auf freier Strecke“) hat David F. Wnendt („Kriegerin“) für Regie und Drehbuch gewonnen, die Hauptrolle wird von Carla Juri gespielt. Außerdem sind Christoph Letkowski als Robin, Marlin Kruse als beste Freundin, Meret Becker und Axel Milberg als Helens Eltern sowie Peri Baumeister und Edgar Selge mit von der Partie. Fotografiert wird der Film von Jakub Bejnarowicz, dessen Bilder mich zuletzt bei „Gnade“ sehr begeistert haben. Das hört sich doch nach einem interessanten Projekt an!

Update: Mittlerweile habe ich den Film gesehen, meine ausführliche Kritik gibt es bei kino-zeit.de!

Update: Hier gibt es schon einmal einen Trailer:

Bilder und Farbgestaltung finde ich schon einmal vielversprechend – und ich bin schon sehr gespannt auf den Film. Aber vorher sollte ich wohl den Roman endlich lesen. 😉

Und noch der nächste Trailer:

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Starttermin und Trailer – „Die Jagd“ von Thomas Vinterberg

(c) Wild Bunch Germany

Nach einer schwierigen Scheidung und dem Verlust seiner Arbeit geht es für Lucas (Mads Mikkelsen) wieder bergauf: Er hat in seiner kleinen dänischen Heimatstadt eine neue Anstellung im Kindergarten gefunden, knüpft zarte Bande zu einer Kollegin und sein Sohn Marcus (Lasse Fogelstrøm) hat beschlossen, dass er lieber bei seinem Vater leben will. Da wird er plötzlich beschuldigt, die Tochter (grandios: Annika Wederkopp) seines besten Freundes (Thomas Bo Larsen), sexuell missbraucht zu haben. Eine Hetzjagd beginnt. Thomas Vinterbergs Drama ist unaufgeregt inszeniert und regt zum Nachdenken an.

Der Film wurde bei seiner Weltpremiere in Cannes 2012 mit dem Preis für den Besten Darsteller und den Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Außerdem gewann er den Europäischen Filmpreis für das beste Drehbuch. „Die Jagd“ kommt am 28. März 2013 in die deutschen Kinos.

Und hier gibt es einen Blick auf den Trailer:

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