Krimi-Kritik: „Sturm über New Orleans“ von James Lee Burke

(c) Pendragon

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Mit „Regengötter“ hat im letzten Jahr eine kleine James-Lee-Burke-Renaissance eingesetzt, die in diesem Frühjahr mit „Sturm über New Orleans“ fortgesetzt wird – „Glut und Asche“, die Fortsetzung von „Regengötter“ wurde von Heyne Hardcore für Oktober abgekündigt, auch der Pendragon Verlag wird nachlegen. „Sturm über New Orleans“ ist der 16. Teil mit Dave Robicheaux und mein Einstieg in diese Reihe. Wie es bei Serien ist, werden mir sicher einige Anspielungen entgangen sein, aber ich hatte keinerlei Probleme, in dieses Buch hineinzufinden.

„Sturm über New Orleans“ ist ein wütendes Buch, in dem sich James Lee Burke mit den Folgen des Hurrikans Katrina auseinandersetzt. Seine Position macht er im Vorwort sehr deutlich: „Was damals in New Orleans geschah, das war nicht nur eine Naturkatastrophe, das war das größte Versagen einer Regierung, der denkbar größte Verrat an der eigenen Bevölkerung. Es war ein Verbrechen. Eine nationale Schande. Eine Wunde, die in den Geschichtsbüchern auf immer festgehalten bleiben wird. Manche sagen, dies sei mein politischstes Buch. Sicher ist es mein wütendstes. Nichts davon habe ich zurückzunehmen.“

(c) Frank Veronsky

(c) Frank Veronsky

Tatsächlich blitzt die Wut der Hauptfigur, Sheriff Dave Robicheaux, (und des Autors) immer wieder auf, er stürzt sich inmitten der verwüsteten, von der Regierung allein gelassenen Stadt in die Suche nach einem verschwundenen Priester, einem Serienmörder und den Vergewaltigern eines Mädchens. Dabei überzeugen die bedrohlich-stickige Atmosphäre und die Charaktere. Wie in „Regengötter“ gibt es einen altgedienten Helden mit vernarbter Seele und geschundenem Körper, fiese Psychopathen und Kriminelle, denen James Lee Burke mehr Facetten zugesteht als viele andere Autoren. Deshalb gelingt es ihm, die Reue eines Vergewaltigers überzeugend zu schildern, ohne dessen Taten zu relativieren. Auch die Frauenfiguren des 1936 geborenen Autors sind stärker und moderner als in vielen anderen Kriminalromanen. Auch sie haben Verletzungen erlitten, wissen sich aber selbst zu helfen und treffen eigene Entscheidungen.

Alles in allem ist „Sturm über New Orleans“ daher trotz der gelegentlichen metaphysischen Überhöhungen ein gutes Buch. Jedoch folgt es in meiner Lese-Erfahrung zwei Büchern über New Orleans, die mich weitaus mehr gepackt, durchgerüttelt, ja, fast überwältigt haben: Sara Grans „Die Stadt der Toten“ und Dave Eggers „Zeitoun“. In ihnen waren der Sturm und seine Folgen unmittelbarer und wuchtiger, sie waren mutiger in ihrer Form und ihrem Umgang mit dem Wahnsinn der Ereignisse. Und dagegen ist „Sturm über New Orleans“ schlichter, ja, konservativer.

James Lee Burke: Sturm über New Orleans. Übersetzt von Georg Schmidt. Pendragon 2015.

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Sehliste 01

An mich wurde der Wunsch herangetragen, doch in irgendeiner Art und Weise die Filme festzuhalten, die ich so sehe. Dafür könnte ich Letterboxd verwenden, allerdings nutze ich es kaum, da ich meist vergesse, mich dort einzuloggen und den Film anzugeben (gebe es eine App, sehe es vermutlich anders aus). Im Zuge meines Bemühens, wieder mehr im Blog und nicht auf anderen Plattformen stattfinden zu lassen, versuche ich es daher mit einer schlichten Liste der Filme und Serien, die ich teilweise mit Anmerkungen und Links zu Kritiken versehe. Aber es wird keine Monatsüberblick o.ä. werden, sondern eine Auflistung. Falls ihr noch Tipps und Anmerkungen zum Vorgehen habt, immer her damit. (Aber das ist ja eh klar, hoffe ich. Weiterlesen

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Skandinavische Filmtage Bonn 2015

Vom 7. bis 15. Mai 2015 finden in Bonn wieder die Skandinavischen Filmtage statt – leider ohne mich, dafür aber mit einem sehr guten Programm.

(c) NFI

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Den Auftakt macht am 7. Mai um 21 Uhr im Kino in der Brotfabrik der norwegische Film „Blind“, in dem Eskil Vogt – vor allem aufgrund seiner Drehbücher zu den Joachim Trier Filmen „Reprise“ und „Oslo, 31. August“ bekannt – kunstvoll von einer Frau erzählt, die erblindet ist und nun mit ihrer neuen Situation zurechtkommen muss.

Am 8. Mai folgt ebenfalls um 21 Uhr im Kino in der Brotfabrik der Film „I lossens time“ („In der Stunde des Luchses“) aus Dänemark, in dem Søren Kragh-Jacobsen von dem Jungen Drengen (Frederik Christian Johansen) erzählt, der scheinbar grundlos ein älteres Ehepaar erschlagen hat. Seither sitzt er in der Psychiatrie und wird dort Teil eines Versuchs, bei dem die Psychologin Lisbeth (Signe Egholm-Olsen) den Patienten Haustiere gibt, um ihre Kompetenzen zu stärken. Drengen glaubt jedoch, von seiner Katze die Stimme Gottes zu vernehme, die ihm befiehlt, sich selbst zu töten. Deshalb zieht Lisbeth Pastorin Helen (Sofie Gråbøl) hinzu – und nach und nach erfahren sie die ganze Geschichte des Jungen. Ein gut gespieltes, beklemmendes Drama.

(c) Meteor Film

(c) Meteor Film

Mit „Málmhaus“ („Metalhead“) wird am Samstag um 21 Uhr im Kino in der Brotfabrik einer meiner Lieblingsfilme der letzten Jahre gezeigt. Der isländische Regisseur und Drehbuchautor Ragnar Bragason erzählt mit Humor und Sensibilität die Geschichte von Hera (Thora Bjorg Helga), die sich in der Trauer um ihren Bruder in die Welt des Black Metal flüchtet – und liefert zugleich ein mitreißendes Plädoyer für die Außenseiter dieser Welt. Zu meiner Kritik.

Am Sonntag und Montag laufen jeweils um 19 Uhr im Kino in der Brotfabrik die beiden Filme, die ich nicht kenne: Der finnische Film „Oppipoika/Lärjungen“ („Der Lehrjunge“) und der schwedische Film „Nåntin måste gå sönder“ („Something must break“).

Am Dienstag, den 12. Mai ist um 19:30 Uhr im LVR-LandesMuseum „En chance til“ („Zweite Chance“) von Susanne Bier zu sehen. Gehofft hatte ich, dass sich Susanne Bier mit ihrer Rückkehr nach Skandinavien auch wieder auf ihre Tugenden besinnt, der Film ist indes ein schön ausgestattet und warm ausgeleuchtetes Drama, in dem das Handeln der Figuren kaum nachzuvollziehen ist. Zu meiner Kritik.

(c) NFI

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Seit zwei Jahren sage ich jedem, der es nicht hören will, dass „Jeg er din“ („Ich bin Dein“) einer der besten norwegischen Filme der letzte Jahre ist und unbedingt hier im Kino laufen sollte. Aber ein norwegischer Film, der keine Komödie ist und nicht in das verschneite Skandinavienbild passt, hat es schwer. Dank der „Nordlichter“-Kinotournee ist dieses beeindruckende und komplexe Porträt einer jungen Frau immerhin auf Kinotour durch Deutschland und am Mittwoch, den 13. Mai um 21 Uhr auch im Kino in der Brotfabrik zu sehen. Zu meiner Kritik.

Am Donnerstag ist Kurzfilmabend, am Freitag läuft dann um 21 Uhr im Kino in der Brotfabrik mit „Vi är bäst“ der Abschlussfilm von Lukas Moodysson. International wurde dieser Coming-of-Age-Film über eine Mädchen-Punkrockband gefeiert, mir hat er ebenfalls gut gefallen – aber von Moodysson hatte ich ein wenig mehr erwartet. Dennoch eine gute Wahl für einen Abschlussfilm. Zu meiner Kritik.

Eine Übersicht über das Programm ist hier zu finden.

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3sat – Kommissarinnen ermitteln

Vom 3. bis 7. Mai 2015 zeigt 3sat vier Spielfilme mit Kommissarinnen als Protagonistinnen. Den Auftakt macht „Jagd auf einen Mörder“ am Sonntag um 00:05 Uhr. In dem Spielfilm ermittelt Janet McTeer als Amy Foster gegen fanatische Abtreibungsgegner. Am Dienstag um 22:25 Uhr ist Diane Lane als FBI-Agentin Jennifer Marsh zu sehen, die einen Mörder jagt, der seine Taten live im Internet überträgt. Die letzten beiden Filme führen nach Frankreich: In „Undercover in Paris“ (6. Mai, 22:50 Uhr) ermittelt die Polizistin Julie (Cécile de France) gegen ein Drogennetzwerk, und in „Die Kammer der Toten“ nach dem Roman „Die Kammer der toten Kinder” von Franck Thilliez (7. Mai, 22:25 Uhr) will Lucie (Mélanie Laurent) einen Mädchenmörder in der französischen Provienz stellen.

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Krimi-Kritik: „Abpfiff“ von Dominique Manotti

„Die erste Salve erwischt den Mann und die Frau von hinten, die Körper stürzen auf den menschenleeren Platz vor dem Einkaufszentrum.“ Mit diesem Satz beginnt Dominique Manottis grandioser Kriminalroman „Abpfiff“. Nach zwei Seiten steht fest, dass einer der Toten ein Polizist ist. Nach sechs Seiten sind die Täter überführt. Und nach 230 Seiten habe ich mehr über Drogenhandel, Geldwäsche, Korruption, Schwarzarbeit, Profifußball und, ach ja, einen Doppelmord erfahren als in manchen Büchern auf 500 oder 800 Seiten. Denn Dominique Manotti braucht keine Schnörkel, keine seitenlangen Ausführungen über politische Zustände oder die Seelenlage ihre Figuren. Ihr reicht ein kurzes sexuelles Intermezzo von Commissaire Daquin, um dessen Innenleben deutlich zu machen. Oder ein Moment des Aufwachens seines Kollegen im Kreis der Familie, um dessen Seelenzustand zu zeigen.

(c) Ariadne

(c) Ariadne

Schon immer hat Dominique Manotti eine klare Prosa geschrieben, aber in „Abpfiff“ sind ihre Sätze präziser und schnörkelloser als jemals zuvor. Sie spiegeln den Willen Daquins wider, diesen Fall unbedingt aufzuklären, das Adrenalin, das sein Körper antreibt – und die Anspannung, unter der alle Beteiligten stehen. Manottis Ermittler wollen das Richtige, akzeptieren aber, dass sie es nicht immer bekommen. Ihre Figuren werden von ihrem Ehrgeiz bis zur Impotenz getrieben, daneben wird viel Espresso gekocht, der der Ermittlungsarbeit dient und fast symbolisch die kurze, prägnante Arbeitsweise zusammenfasst, mit der die Drogenfahnder vorgehen. Aber Manotti braucht keine Symbole, denn sie hat diese Sprache, diesen Stil, diese Sätze, die einen unerbittlich voranjagen. „Apfiff” ist ein bitterer, scharfsinniger Rausch, in dem nur kurze Stelldichein mit Daquins Geliebten für einen Moment der eruptiven Ruhe sorgen.

Die oben zitierte Ermordung von Daquins Lieblingskollegen Romero ist nämlich nur der Ausgangspunkt dieses Romans. Er wurde zusammen mit einer jungen Frau erschossen, die die Schwester des Platzwarts vom FC Lisle-sur-Seine ist, einem Club am Rand eines Banlieue, der gerade auf dem Weg zur französischen Meisterschaft ist. Zu verdanken hat der Club seinen Aufstieg dem ruchlosen Ehrgeiz des Präsidenten Monsieur Reynaud, zugleich Bürgermeisters des Orts und Bauunternehmer. Nach und nach enthüllen sich immer mehr schmutzige Verbindungen und Machenschaften, die nur Romantiker verschrecken, die immer noch glauben, es gebe kein Doping im Fußball und eigentlich seien dort elf Freunde auf dem Platz, die nur ein wenig kicken wollen. Dennoch würde ich „Abpfiff“ zu gerne das Etikett „Fußball-Krimi“ aufdrücken, wohlwissend, dass noch kürzer greift als Etiketten ohnehin. Aber vielleicht lesen diesen fantastischen Kriminalroman dann einige der Fußballfans da draußen oder bekommen ihn geschenkt. Das wäre großartig, denn dieses Buch ist eindeutig einer der Krimi-Höhepunkte des Jahres.

Dominique Manotti: Abpfiff. Übersetzt von Andrea Stephani. Ariadne 2015.

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Krimi-Kritik: „Angel Baby“ von Richard Lange

Eine schöne Frau verlässt ihren fiesen Ehemann in Mexiko, um mit ihrer Tochter in den USA ein neues Leben zu beginnen. So weit, so bekannt. Doch Richard Lange gelingt in seinem Thriller „Angel Baby“ weitaus mehr als die Geschichte einer Frau, die ein Leben zurücklassen will. Vielmehr durchdringt die Realität der mexikanisch-amerikanischen Grenze das Leben seiner Charaktere vollends. Sie sind gefangen in den Entscheidungen, die sie getroffen haben, in ihren Schwächen und Sehnsüchten.

(c) Heyne

(c) Heyne

Luz ist eine hübsche junge Frau, die in jungen Jahren ein Kind bekommen hat und dann ihr Schicksal an einen falschen Mann geheftet hat. Deshalb hat sie das Baby bei ihrer Tante in Los Angeles zurückgelassen und ist mit El Samurai nach Tijuana gegangen. Sie erregte die Aufmerksamkeit von Rolando – El Principe–, dem örtlichen Drogenboss, der sie dem Samurai abnahm und heiratete, obwohl er es – wie er in einer seiner seltenen menschlichen Regungen offenbart – nicht musste: „Aber sie hatte diese Kleinigkeiten an sich, die ihn faszinierten. Die Traurigkeit, die aus jedem Lächeln ein Geschenk machte. Das sanfte Herz, das zum Vorschein kommt, wenn sie sich verletzlich zeigte. (…). All das nahm ihn für sie ein, auch wenn die Schlampe im nächsten Augenblick wieder mit einem heimlichen Blick oder bösen Wort das Herz aufschlitzte.“ Und deshalb hatte sie Macht über ihn. „Sie kannte all seine Ängste, all seine Schwächen, und wusste sie gegen ihn einzusetzen.“ Deshalb erträgt Luz mit Xanax, Valium, Vicodin und Oxycotin das Leben an der Seite von Rolando. Ein spontaner Fluchtversuch ist bereits gescheitert, ihren zweiten Anlauf hat sie ein Jahr lang sorgfältig vorbereitet und zieht ihn gnadenlos durch: Entweder wird sie zum vierten Geburtstag ihrer Tochter bei ihr sein – oder tot. Weiterlesen

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Netzschau #3

Letztes Jahr bin mit der Netzschau nur auf zwei Ausgaben gekommen – und das kann ich so nicht stehen lassen. Also will ich in diesem Jahr diese Rubrik wieder beleben und so regelmäßig wie möglich einige kommentierte Links veröffentlichen. Ich starte: heute.

Verlagswelt

Bei SteglitzMind hat Gesine von Prittwitz eine sehr interessante Gesprächsreihe mit Kleinverlagen – so sprach sie Anfang Januar bereits mit Zoë Beck und Jan Karsten von CulturBooks, deren Arbeit und Engagement ich mit Begeisterung verfolge. Sehr aufschlussreich fand ich zudem das Gespräch mit Joachim Körber, der seit 1984 die Edition Phantasia führt und allerhand aus dem Alltag eines Verlegers zu berichten hat, der nicht nur einen kleinen Verlag hat, sondern auch noch Genreliteratur verlegt. (Und den Comicbuchladen in Bonn kann ich ebenfalls empfehlen. Ich kenne mich bei Comics gar nicht aus, wurde bisher aber immer äußerst kompetent und hilfreich beraten.)

Film

Ich würde ja niemals sagen, dass xy einen Film „nicht richtig verstanden hat“, da es impliziert, es gebe ein richtig und ein falsch. Aber da Richard Brody in seinem Beitrag behauptet, „Whiplash“ würde Jazz falsch verstehen, war ich für einen kurzen Moment versucht, ihm entgegenzuschleudern, er habe den Film falsch verstanden. Ja, dass Buddy Rich vielleicht nicht das beste oder originellste Vorbild für einen Jazz-Drummer ist, erkenne ich schon daran, dass sogar ich ihn kenne. Auch gibt es noch weitere Vorwürfe, die man hier dem Film machen kann: Jazz ist anscheinend zumindest an den Drums eine ziemlich homogene, weiße Angelegenheit; es gibt keiner Improvisationen, für Hauptfigur Andrew gelten nur die Disziplin und das ‚richtige‘ Tempo. Aber dass die Anekdote über Charlie Parker falsch wiedergeben und von Andrew so übernommen wird, fügt sich doch wunderbar in den Film und Andrews Autoritätshörigkeit ein. Er kommt schließlich lange Zeit nicht auf die Idee (vielleicht sogar gar nicht), dass Fletcher Fehler machen könnte. Und das einem Film anzukreiden, finde ich ein wenig zu einfach. Zumal Brody in seinem letzten Absatz ja selbst schreibt, dass es Film über Autorität ist. Und nicht nur das: Es ist auch ein Film über unsere Leistungsgesellschaft und den Preis, den man für Erfolg bereit ist zu zahlen. Das macht den Film nicht fehlerlos – aber ihm ausgerechnet eine fehlerhafte Anekdote und das mangelnde Erfassen des Jazz anzukreiden, liefert Brody einen tollen Schlusssatz – und mir einen Grund für Empörung (und Nachdenken über Filmrezeption).

Neuverfilmungen stehe ich grundsätzlich ein wenig skeptisch gegenüber, da es meiner Meinung sehr viele Geschichte gibt, die entweder noch nicht verfilmt oder noch gar nicht geschrieben wurden. Bei Neuverfilmungen von Filmen, die ich als Kind sehr gemocht habe, teile ich Rochus’ Einwände aus seiner Kolumne bei kino-zeit.de (obwohl ich den neuen “Cinderella” sehr schön fand) – und sehe unter anderem dem Peanuts-Film mit sehr große Sorge entgegen. Dass nun die Muppets auf den Bildschirm zurückkehren, ruft bei mir ebenfalls keine Begeisterung hervor. Besonders schlimm hat mich aber die Meldung getroffen, dass Disney eine Live-Action – ich wiederhole: eine Live-Action – Fassung von “Pu der Bär” produzieren will. Hier sind die meisten Filme schon sehr an der Schmerzgrenze, aber real will ich diese Helden meiner Kindheit nicht sehen. Sehr schön hat es auch Michael Cavna in der Washington Post ausgedrückt: “But seeing Tigger as a live-action character, even if it’s motion-capture hocus-pocus (“mo-ho-po”?), is just too far beyond my artistic skies, no matter the balloon commute. That’s an aesthetic hole from which I may not come unstuck.”

Eine gesunde Skepsis hege ich auch gegenüber James Francos (angeblichen) Plänen, Ellroys Underworld-Trilogie zu verfilmen. Zwar bewundere ich seine Ambitionen und seinen Mut bei den vielen Projekten, die er angeht, aber bisher haben mich die Ergebnisse nicht überzeugt. Deshalb war ich erleichtert, als ich in einem Interview vom September 2014 folgendes las: “I don’t believe a word. Nobody’s ever called me. I’ve never met Franco. I don’t think I’d know him if he walked in here now.” James Ellroy zu dem Gerücht, dass James Franco “American Tabloid” verfilmt. Ich hoffe, er hat zwischendurch nicht angerufen.

Kriminalliteratur
In den letzten Wochen habe ich mich einige Male sehr über die oftmals behauptete Gegensätzlich von Romanen und Krimis geärgert, in der nach meinem Empfinden stets eine Abwertung letzteren impliziert ist. Das führte bei mir zu Gedanken über Genre, Wahrnehmungen und Bewertungen, über die ich vielleicht hier noch einmal schreiben werde. Nun hat sich Zoë Beck ebenfalls einige Gedanken zur Kriminalliteratur gemacht und kommt zu dem Schluss: “Ich wünsche mir: mehr Mut bei den Autor*innen, mehr Entdeckerfreude bei Leser*innen. Und mehr den Blick nach vorn bei all den Stationen zwischen Autorin und Leserin, nicht immer nur nach hinten.” Das sind Wünsche, denen ich mich unbedingt anschließe.

Anderen beim Lesen über die Schulter zu schauen, ist äußert vergnüglich – und im März war ich nahezu live dabei, als Nicole von My Crime Time Ellroys L.A. Quartett gelesen hat.

Fernsehserien
Bekanntermaßen mag ich die Kommissar-Beck-Fernsehreihe sehr gerne – ich bin sogar über diese sehr freie Adaption überhaupt erst zu den Büchern gekommen – und meine Lieblingsfigur ist (natürlich) Gunvald Larsson. Deshalb habe ich mit Bedauern zur Kenntnis genommen, dass Mikael Persbrandt nun aussteigt und sich seiner internationalen Karriere widmen möchte. Gänzlich unerwartet kommt es zwar nicht, aber ich hätte mir gewünscht, dass er die letzte Staffel zu einem Ende bringt.

Gespannt war ich hingegen auf den Neustart von “Twin Peaks”, der ja sogar in der Serie indirekt angekündigt wurde. Aber nun wurde bekannt, dass David Lynch aussteigt – und damit ist mein Interesse doch sehr gesunken. Ich vermute, damit sinkt das Surreale der Serie, wenngleich Mit-Serienmacher Mark Frost weiterhin am Projekt beteiligt ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Neustart der “Muppets” im Fernsehen. Schon in den Filmen hat sich – so sehr ich den ersten mochte – angedeutet, dass die Muppets nostalgisch verklärt werden und damit das Anarchistische verlieren, das sie meiner Meinung nach auszeichnet. Dann soll das Geld doch lieber genommen werden, um etwas Neues zu schaffen, dass ähnlich bunt und wild ist.

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