Schlagwort-Archive: Leif Randt

„Schimmernder Dunst über Coby County“ von Leif Randt

Bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt hörte ich zum ersten Mal einen Auszug aus Leif Randts zweitem Roman „Schimmernder Dunst über Coby County“. Sofort hatte ich eine Reihe filmischer Assoziationen. Ich musste an die „Truman Show“ denken, an „Pleasantville“ und sogar an „Die Frauen von Stepford“. Nachdem ich nun aber den ganzen, eindrucksvollen Roman gelesen habe, rücken diese Überlegungen in den Hintergrund.

Ja, CobyCounty erinnert auf den ersten Blick an die Orte in diesen Filmen. Es ist ein sehr sauberer Ort, voller hipper Kreativer oder Freiberufler im Urlaub, denen ein gepflegtes Erscheinungsbild wichtig ist. Der Erzähler des Romans – Wim Endersson – ist ein „Obstkorbkind“, geboren zu CobyCountys Blütezeit, zu der Müttern noch nach der Geburt ein Obstkorb auf das Zimmer gebracht wurde. Er hat sein ganzes Leben in CobyCounty verbracht und arbeitet dort mittlerweile als Literaturagent. Seine Zeit verbringt er mit seinem besten Freund Wesley oder mit Carla – ihren Beziehungsstatus haben sie niemals geklärt. Wims Leben verläuft in wohlgeordneten, ruhigen Bahnen in diesem fast schon künstlich anmutenden Ort. Doch nun scheint die Idylle in Gefahr. Wesleys Mutter, eine Neo-Spiritualistin, hat während verschiedener Sitzungen alarmierende Bilder von ihrem Sohn und Wim gesehen und ihren Sohn gewarnt: „Sie glaubt, dass uns etwas abhandenkommt, dass da eine innere Gefahr herangewachsen ist, in den allermeisten von uns. Eine Gefahr, die wir noch in diesem Frühling spüren werden, die ganz CobyCounty spüren wird … Es sei denn, wir verlassen die Stadt.“ Weiterlesen

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„Leuchtspielhaus“ – Der Debütroman von Leif Randt

Leif Randt (c) TDDL 2011

Bei den diesjährigen Literaturtagen in Klagenfurt hat mich insbesondere Leif Randts Auszug aus seinem Roman „Schimmernder Dunst über CobyCounty“ neugierig gemacht. Bevor ich aber dieses Buch vorstelle, möchte ich einen Blick auf sein Debüt „Leuchtspielhaus“ werfen. Immerhin verspricht schon der Titel ein Spiel zwischen Kino und Literatur. Tatsächlich spielt der Film als Medium in diesem Roman eine wichtige Rolle. Filme sind wesentliche Bestandteile des kulturellen Bezugsrahmens der Protagonisten, sie liefern Verhaltensmuster und Folien ihrer Wahrnehmung. Zudem ist ein Film – in Form eines Drehbuchentwurfs – die zweite Handlungsebene.

Im Mittelpunkt von „Leuchtspielhaus“ steht Eric. Er ist Anfang 20, stammt ursprünglich aus Hessen, lebt mittlerweile in London und führt mit Helen einen Friseursalon. Ihr Laden hat nur an jedem zweiten und vierten Donnerstag geöffnet und lediglich „members“ haben Zugang. Sie vereint, dass sie sich als Insider verstehen, ihre Frisuren spätestens ändern, wenn sie trendig werden, und von der Kunst der geheimnisvollen Schweizerin Bea begeistert sind. Sie hinterlässt an verschiedenen Orten Botschaften wie „Annoy rich people“ und „Never leave Highschool“, aber niemand hat sie bisher gesehen. Seit einiger Zeit gibt es keine weiteren Nachrichten von Bea, doch Eric hofft, dass er herausfinden kann, wer sie ist. Weiterlesen

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Ingeborg-Bachmann-Preis 2011 – Die Gewinner und ein Fazit der Tage der deutschsprachigen Literatur

Bachmann-Preisträgerin 2011 ist Maja Haderlapp (c) TDDL 2011

Porno siegt beim Publikum, große Überraschungen gab es bei der heutigen Preisvergabe in Klagenfurt aber nicht. Auf die Shortlist wählte die Jury Nina Bussman, Gunther Geltinger, Maja Haderlap, Thomas Klupp, Steffen Popp, Julya Rabinowich und Leif Randt, die dort allesamt mehr oder weniger erwartet wurden. Spannung kam dann wenigstens bei der Vergabe des Hauptpreises, dem Ingeborg-Bachmann-Preis auf, der mit 25 000 Euro dotiert ist. In der ersten Runde bekamen Maja Haderlap, Steffen Popp und Leif Randt jeweils zwei Stimmen, Jandl stimmte für Nina Bußmann. In zweiten Runde stimmten drei Juroren für Haderlap, jeweils zwei für Popp und Randt; da setzte sich im „Stechen“ schließlich Steffen Popp durch. In der finalen Runde erhielt dann aber Maja Haderlap die notwendigen vier Stimmen und stand somit als Preisträgerin fest. Eine Überraschung ist diese Entscheidung nicht, allerdings hatte ich nicht erwartet, dass sie derart knapp vor Steffen Popp liegt. Weiterlesen

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Bachmann-Preis 2011 – Tag 3 der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt

Nun ist geschafft: 14 Lesungen in drei Tagen, die letzten vier fanden heute statt. Insgesamt war es heute der kurzweiligste Tag – und zwar nicht, weil Burkhard Spinnen nach der Mittagspause ständig Literatur mit Suppe verglich, sondern weil Leif Randt und Thomas Klupp zwei sehr witzige Texte vorgelesen haben und sich die Jury hin und wieder in den Haaren lag.

Leif Randt (c) TDDL 2011

Zu Beginn des Abschlusstages hat Leif Randt einen Auszug aus seinem Roman „Schimmernder Dunst über CobyCounty“ gelesen, in dem der Ich-Erzähler Wim von seinem Leben in dem künstlichen, scheinbar perfekten, an die Truman-Show erinnernden Ort CobyCounty erzählt. Voller witziger Anspielungen und mit viel Ironie schildert er sein Dasein, in dem sämtliche Klischees wahr geworden scheinen. Dass diese scheinbare Idylle nicht erhalten bleibt, klingt zunächst in Kleinigkeiten an, ehe dann am Ende des Textes Wims bester Freund Wesley eine Warnung seiner Mutter übermittelt. Spätestens dann ist offensichtlich, dass CobyCounty eine Blase ist, die auf einen Abgrund zusteuert. Oder in Worten von Hubert Winkels eine „Dystopie als Utopie“. Mir haben insbesondere die Ironie des Textes und – wie könnte es anders sein – die eingeflochtenen Versatzstücke aus Film und Literatur gefallen. Die Anlage des Textes, die kleinen Hinweise auf die Brüche in dieser Welt und das Spiel mit Klischees lassen sich mich sogar über das – zumindest auf den ersten Blick – unnötige Setting in einem fiktiven englischen Seebad hinwegsehen. Die Jury war durchaus geteilter Meinung. Während Hubert Winkels und Daniela Strigl sich überzeugt zeigten, kritisierte insbesondere Paul Jandl die künstliche Realität und mangelnde Authentizität und erhielt in diesem Punkt die Zustimmung von Hildegard E. Keller. Weiterlesen

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