„Leuchtspielhaus“ – Der Debütroman von Leif Randt

Leif Randt (c) TDDL 2011

Bei den diesjährigen Literaturtagen in Klagenfurt hat mich insbesondere Leif Randts Auszug aus seinem Roman „Schimmernder Dunst über CobyCounty“ neugierig gemacht. Bevor ich aber dieses Buch vorstelle, möchte ich einen Blick auf sein Debüt „Leuchtspielhaus“ werfen. Immerhin verspricht schon der Titel ein Spiel zwischen Kino und Literatur. Tatsächlich spielt der Film als Medium in diesem Roman eine wichtige Rolle. Filme sind wesentliche Bestandteile des kulturellen Bezugsrahmens der Protagonisten, sie liefern Verhaltensmuster und Folien ihrer Wahrnehmung. Zudem ist ein Film – in Form eines Drehbuchentwurfs – die zweite Handlungsebene.

Im Mittelpunkt von „Leuchtspielhaus“ steht Eric. Er ist Anfang 20, stammt ursprünglich aus Hessen, lebt mittlerweile in London und führt mit Helen einen Friseursalon. Ihr Laden hat nur an jedem zweiten und vierten Donnerstag geöffnet und lediglich „members“ haben Zugang. Sie vereint, dass sie sich als Insider verstehen, ihre Frisuren spätestens ändern, wenn sie trendig werden, und von der Kunst der geheimnisvollen Schweizerin Bea begeistert sind. Sie hinterlässt an verschiedenen Orten Botschaften wie „Annoy rich people“ und „Never leave Highschool“, aber niemand hat sie bisher gesehen. Seit einiger Zeit gibt es keine weiteren Nachrichten von Bea, doch Eric hofft, dass er herausfinden kann, wer sie ist.

Auf der zweiten Handlungsebene liest Eric Helens futuristischen Drehbuch-Entwurf, in dem sie von den Teenagern Wiley und Kito erzählt. Wiley ist ein Flyboy, den ein farbiges Lichtkreuz – ein Powerrahmen – umgibt. Sein Licht stößt sich mit anderen Rahmen bis zur Explosion ab, daher soll er sich auch von Kito fernhalten. Aber sie glauben nicht, dass sie sich abstoßen. Sie wollen die Regeln durchbrechen und zusammen sein. Im Gegensatz zu Eric und seinen Freunden, die sich vor allem durch Abgrenzung und Unterscheidung definieren, suchen Kito und Wiley die Gemeinsamkeit. Sie kämpfen für ihre Zweisamkeit, während Eric und Helen sie kaum mehr ertragen können. Stattdessen verlieren sie sich in (Selbst-)Analyse und Zitaten. Selbst beim Sex imitieren sie Szenen aus Sex-Videos und geben sich aus Spaß „fremd und pathetisch“. Letztlich ist für Eric und seine Freunde alles nur noch Zitat, ein Wiederholen von bereits Gesehenem. Dadurch sind sie kaum mehr zu aufrichtigen Gefühlen n der Lage. Sie charakterisiert eine Oberflächlichkeit, die sie selbst nicht als solche erkennen. Allerdings sind sie auch die Kinder wohlhabender Eltern sind, die nicht erwachsen werden. Sie übernehmen schlichtweg keine Verantwortung – vielleicht weil ihnen ein sozialer Bezugsrahmen fehlt, vielleicht hatten sie es immer schon zu leicht. Doch Leif Randt beschreibt diese Bedeutungslosigkeit in seinem klug konstruierten Roman, dessen Lektüre ein mulmiges Gefühl hinterlässt. Denn wenn alles nur noch Zitat und eine Identität nur noch durch Unterscheidung möglich ist, dann gibt es keine Originalität mehr.

Am Anfang des Romans betont Helen: „Wer Talente zu früh lobt, macht sie kaputt“. Aber „Leuchtspielhaus“ ist zumindest ein vielversprechendes Debüt. Und so freue ich mich auf Leif Randts zweiten Roman „Schimmernder Dunst über CobyCounty“.

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