Media Monday #119

1. Den Schauplatz – real oder fiktiv – von „Kinshasa Symphony“ würde ich, wenn ich könnte, gerne einmal besuchen, weil ich sehr gerne mal in den Kongo reisen würde.

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2. „Der Hobbit“ spielt nicht nur an einem exotischen Ort, sondern die Landschaft ist gleichzeitig auch eine der Hauptattraktionen, weil es in dem handlungsarmen ersten Teil ansonsten wenig zu entdecken gibt.

3. Filme aus dem Land, in dem sich gerade einer aufmacht, das Kino neu zu entdecken, finde ich überwiegend spannend, weil ich ungewöhnliche Geschichten, Inszenierungen und Erzählweisen schätze. Und solche Filme können aus jedem Land kommen.

4. „Gangster Squad“ hat mich richtiggehend enttäuscht, weil die Charakterzeichnung sich häufig bei klischeehaften Stereotypen bedient wie etwa des leicht korrupten Cops mit gutem Herz.

5. Wäre Baltasar Kormákur nicht einer der Regisseure, deren Karriere ich seit langem verfolge, hätte ich vermutlich „2 Guns“ niemals gesehen.

6. Der Film „Nachtzug nach Lissabon“ vermittelt ein völlig falsches Bild des Landes/der Stadt Lissabon, weil sich Portugiesen untereinander nicht in Englisch unterhalten.

7. Mein zuletzt gesehener Film war „The Human Scale“ und der war aufschlussreich, weil er einen interessanten Ansatz in der Stadtplanung vorstellt.

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Zum 80. Geburtstag – Louis Begley und ich

Louis Begley (c) Jerry Bauer

Louis Begley (c) Jerry Bauer

Vor ungefähr fünf Jahren habe ich „Ehrensachen“ von Louis Begley gelesen, ein Buch über die Freundschaft dreier junger Männer in Harvard der 1950er Jahre: Sam und Archie stammen aus reichen Elternhäusern, während ihr Zimmergenosse Henry rothaarig, schlecht angezogen und zudem jüdisch ist. In einer Zeit, in der Herkunft alles ist, will Henry Zugang zu der Welt von Sam und Archie, er will Zugang zum amerikanischen Traum. Beim Lesen entwickelte dieses Buch einen eigentümlichen Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte. Dennoch las ich es immer nur zwischendurch und kam nur sehr langsam voran, merkte aber, wie es eindringlich es war.

(c) Suhrkamp

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Dennoch folgte auf „Ehrensachen“ eine jahrelange Pause meiner Begley-Lektüre, so dass ich erst jetzt für einen Beitrag über US-Literatur, die im Herbst hierzulande neu erscheint, abermals auf ihn und sein aktuelles Buch „Erinnerungen an eine Ehe“ traf. Wieder faszinierte er mich mit seiner kleinen Geschichte über eine unglückliche Ehe, die zu einer bitterbösen Analyse des amerikanischen Traums führt. Zwischenzeitlich kann ich besser benennen, warum mich Louis Begley fasziniert: Es ist sein kühler, sezierender Blick, es ist die Gnadenlosigkeit seiner Figuren, zu denen der Erzähler und auch der Autor dennoch so viel Zuneigung hegt.

(c) Suhrkamp

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Am deutlichsten wird es wohl bei „Schmidt“, jenem Buch, das hierzulande vor allem durch die Verfilmung mit Jack Nicholson bekannt ist und mich in den Urlaub begleitete. Begleys Schmidt ist der frühpensionierte, einst hoch angesehene und wohlhabende New Yorker Anwalt Albert Schmidt, der von dem frühen Tod seiner Frau aus der Bahn geworfen wird. Immerhin hatte er sich doch ihretwegen früher zur Ruhe gesetzt. Nun offenbart ihm auch noch seine Tochter Charlotte, dass sie heiraten werde – und zwar ausgerechnet Schmidts Kanzleikollegen Jon Riker. Zusehends flüchtet sich Schmidt in Einsamkeit und Verbitterung, einzig die junge puertoricanische Kellnerin Carrie scheint seine harte Schale zu durchbrechen. Wahrlich ist Schmidt kein angenehmer Zeitgenosse, aber Louis Begley begleitet ihn mit so viel Zuneigung, dass ich ihn unweigerlich ins Herz geschlossen habe. Und fast nebenbei liefert Louis Begley noch eine vielschichtige Analyse der Gesellschaft ohne in Geschwätzigkeit zu verfallen.

Es ist diese klare Sprache, die kühle Analyse und die erzählerische Leichtigkeit, die ich an Louis Begley schätze. Im Gegensatz zu vielen Kollegen braucht er keine Vollständigkeit, keine bis ins letzte Detail auserzählte Geschichte. Vielmehr setzt er auf kleinere Leerstellen, die Deutung erlauben. Vor allem aber ist er ein Erzähler mit einem gnadenlos scharfen Blick für Lebenslügen und Selbsttäuschungen – schlichtweg ein großartiger Schriftsteller.

(c) Suhrkamp

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Louis Begley: Ehrensachen. Übersetzt von Christa Krüger. Suhrkamp 2008.

Louis Begley: Schmidt. Übersetzt von Christa Krüger. Suhrkamp 1999.

Louis Begley: Erinnerungen an eine Ehe. Übersetzt von Christa Krüger. Suhrkamp 2013.

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Krimi-Kritik: „Manhattan Fever“ von Walter Mosley

(c) Suhrkamp

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Leonid McGill ermittelt wieder! In dem vierten Band der Reihe um den New Yorker Privatdetektiv wird Leonid abermals mit den Folgen seines vergangenen Tuns konfrontiert: Vor einigen Jahren hat er geholfen, Zella Grisham mit fingierten Beweisen für einen Raubüberfall ins Gefängnis zu bringen, den sie nicht begangen hat. Doch nun hat er – im Zuge seiner Läuterung – unauffällig für ihre Freilassung gesorgt, ihr eine Wohnung und einen Job besorgt. Doch dummerweise kann er seine Schuldgefühle auf diese Weise nicht loswerden: Ein Anruf der damals bestohlenen Versicherungsfirma kostet Zella Wohnung und Anstellung. Aber nicht nur das: Sie scheint von Unbekannten bedroht zu werden, die ebenso Leonid McGill das Leben schwer machen wollen. Also versucht er herauszufinden, was damals geschehen ist – und muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass er seinen Vater wiederfinden könnte und seine Geliebte Aura Ullman zu ihm zurückkehren möchte. Weiterlesen

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„Die amerikanische Nacht“ von Marisha Pessl

(c) S. Fischer

(c) S. Fischer

Eines der spannendsten Bücher des Herbstes ist „Die amerikanische Nacht“ von Marisha Pessl. Dieser über 800 Seiten lange Roman beginnt wie ein typischer film noir: der krisengeplagte Journalist Scott McGrath läuft in einer „regnerischen Nacht Mitte Oktober“ durch einen Park in New York. Plötzlich entdeckt er eine junge Frau in einem roten Mantel, die in der Nähe eines Laternenpfahls steht. Es ist mitten in der Nacht, sie ist allein an einem unsicheren Ort, also läuft er auf sie zu – doch als er ankommt, ist sie verschwunden. Einen Tag später erfährt er, dass Ashley Cordova, die Tochter des geheimnisvollen Regisseurs Stanislas Cordova, tot aufgefunden wurde. Er ist sich sicher, dass sie die junge Frau in dem roten Mantel war – und dass sie ihm etwas mitteilen wollte. Immerhin hatte er einst an einem Enthüllungsartikel über ihren Vater gearbeitet, ist dann aber einem falschen Informanten aufgesessen und hat damit seiner Karriere als investigativer Journalist mehr als nur einen Dämpfer verpasst. Seither ist er überzeugt, dass Cordova seinen Artikel verhindern wollte und deshalb den Informanten auf ihn angesetzt hat. Doch was wollte nun seine Tochter von ihm? Und vor allem: Warum sollte sie Selbstmord begehen? Weiterlesen

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Media Monday #118

1. Neben Filmen schlägt mein Herz ja vor allem für Bücher.

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2. Ich finde ja, dass man aus dem Spiel „Vier gewinnt“ auch ganz wunderbar einen Film oder eine Serie machen könnte, weil das eine noch blödere Idee wäre als „Schiffe versenken“ zu verfilmen.

3. Es ist ja bekannt, dass gewisse Genres plötzlich Trend werden und man dann – ob Filme, Bücher oder sonst etwas – mit Produkten zugeschmissen wird. Ich würde mir ja eine Renaissance von noir-Filmen wünschen, denn es gab schon lange keinen hervorragenden neo-noir mehr.

4. Schauspielerin Patrica Clarkson fristet meines Erachtens völlig zu Unrecht ein Schattendasein, denn sie ist schlichtweg großartig.

5. Ein Zitat, das ich wohl nie vergessen werde, ist „Hätten wir den ganzen Zauber doch bloß nie durchschaut“ aus „Frau2 sucht HappyEnd“, weil es mir in vielen Situationen, in denen andere einfach nur begeistert sind, durch den Kopf geht.

6. Bei „Harry und Sally“ muss ich immer an meine beste Freundin denken, denn wir gucken diesen Film seit Jahrzehnten zusammen.

7. Mein zuletzt gesehener Film war „Adore“ und der war voller schön fotografierter Szenen, weil er hauptsächlich an einem Strand in Australien spielt.

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Die KrimiZeit-Bestenliste Oktober 2013

Sehr gerne lese ich bei crimenoir den allmonatlichen Abgleich mit der KrimiZeit-Bestenliste, also dachte ich mir, dass mache ich fortan auch! 🙂

(c) diaphanes

(c) diaphanes

Die Platzierungen sind (in Klammern die Platzierungen vom Vormonat):

1 (-) Jerome Charyn: „Unter dem Auge Gottes“
2 (3) Andrea Maria Schenkel: „Täuscher“
3 (1) Dominique Manotti: „Zügellos“
4 (9) Walter Mosley: „Manhattan Fever“
5 (6) C. S. Forester: „Tödliche Ohnmacht“
6 (2) Adrian McKinty: „Der katholische Bulle“
7 (-) Robert Wilson : „Stirb für mich“
8 (10) Dror Mishani: „Vermisst“
9 (5) Carsten Stroud: „Die Rückkehr“
10 (2 im August 2013 ) Patrícia Melo: „Leichendieb“

Mehrfach erwähnt habe ich bereits, dass Adrian McKintys „Der katholische Bulle“ für mich bisher zu den besten Kriminalromanen des Jahres gehört, daher freue ich mich, dass er zum dritten Mal in die Liste aufgenommen wurde. Die Besprechung von Walter Mosleys „Manhattan Fever“ folgt nächste Woche, hier sei nur so viel gesagt, dass ich diese Platzierung gut verstehen kann.

„Zügellos“ liegt ebenso wie „Unter dem Auge Gottes“ auf dem Lesestapel. Letzteres ist in der neuen Penser-Pulp-Reihe bei diaphanes erschienen, auf die ich mich sehr freue, da ich Pulp liebe. Allerdings hätte ich hier einen Hinweis oder eine Anmerkung begrüßt, dass diese Reihe von Thomas Wörtche herausgeben wird, der auch Mitglied in der KrimiZeit-Jury ist.

Überrascht bin ich über die Rückkehr von Patrícia Melo, die im September nicht vertreten war. Die ganz große Begeisterung über „Leichendieb“ teile ich nicht, aber es ist schön, dass eine noir-Schriftstellerin auf der Liste vertreten ist. Insgesamt sind diesem Monat drei Frauen und ein nicht-übersetzter Titel auf der Liste.

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„Der amerikanische Architekt“ von Amy Waldman

(c) Schöffling

(c) Schöffling

Eine Kommission aus Kunstsachverständigen, Historikern und Hinterbliebenen soll entscheiden, wessen Entwurf als Denkmal für den 11. September 2001 am Ground Zero erbaut wird. Es sind schwierige Diskussionen, die letztlich auf zwei Entwürfe hinauslaufen: einen Garten und „das Nichts“, einen hohen Quader aus schwarzem Granit. Über die Architekten wissen sie nichts – und schließlich gelingt es der Hinterbliebenen-Vertreterin Claire, die Jury von dem Garten-Entwurf zu überzeugen. Als der Name des Architekten bekannt wird, sind alle Anwesenden schockiert: Es handelt sich um Mohammed Khan, einen Muslim. Aber darf ein muslimischer Architekt das Denkmal am Ground Zero bauen – und darf man diese Frage überhaupt stellen?

Eine Lektüre, die wütend macht
In der Folge treffen in Amy Waldmans Roman „Der amerikanische Architekt“ Vorurteile auf Liberalismus und unbequeme Fragen auf zu schnelle Antworten. Daher ist es vor allem Wut, die diese Lektüre begleitet: Wut über das Verhalten der Figuren, Wut über ihre Motive, Wut über ihre Fehler, Wut über die vielen Missverständnisse, Wut über das Nicht-Verstehen. Und genau damit trifft Amy Waldman den schmerzlichsten Punkt: Alle Reaktionen der Jury, ihrer Mitglieder, des Architekten und anderer beteiligter Charaktere sind nicht nur nachzuvollziehen, sondern sie erscheinen noch nicht einmal besonders unrealistisch. Wer sich die Empörung ansieht, die sich mühelos jeden Tag an den verschiedensten Themen entzündet, ahnt, dass die Wirklichkeit noch viel schlimmer ablaufen würde – gerade wenn es um Vorteile und einfache Urteile geht. Weiterlesen

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