Porno siegt beim Publikum, große Überraschungen gab es bei der heutigen Preisvergabe in Klagenfurt aber nicht. Auf die Shortlist wählte die Jury Nina Bussman, Gunther Geltinger, Maja Haderlap, Thomas Klupp, Steffen Popp, Julya Rabinowich und Leif Randt, die dort allesamt mehr oder weniger erwartet wurden. Spannung kam dann wenigstens bei der Vergabe des Hauptpreises, dem Ingeborg-Bachmann-Preis auf, der mit 25 000 Euro dotiert ist. In der ersten Runde bekamen Maja Haderlap, Steffen Popp und Leif Randt jeweils zwei Stimmen, Jandl stimmte für Nina Bußmann. In zweiten Runde stimmten drei Juroren für Haderlap, jeweils zwei für Popp und Randt; da setzte sich im „Stechen“ schließlich Steffen Popp durch. In der finalen Runde erhielt dann aber Maja Haderlap die notwendigen vier Stimmen und stand somit als Preisträgerin fest. Eine Überraschung ist diese Entscheidung nicht, allerdings hatte ich nicht erwartet, dass sie derart knapp vor Steffen Popp liegt.
Immerhin erhielt Popp dann den Kelag-Preis (10 000 Euro), aber auch für die Ermittlung dieses Gewinners benötigte die Jury mehrere Runden. Bemerkenswert ist meines Erachtens, dass die beiden höchstdotierten Preise damit an Texte gingen, die schon eine sehr aufmerksame Lektüre erfordern – wenngleich sich bei einem Vergleich von Haderlaps und Popps Text letztlich der konventionellere durchsetzte. Dennoch ist die Entscheidung der Jury eine sehr literarische, ja, fast schon lyrische Wahl.
Danach ging es recht eindeutig weiter: Nina Bussmann erhielt den 3sat-Preis (7 500 Euro) für ihren Text „Große Ferien“. Hier irritierte mich vor allem, dass ihr Laudator Jandl den Text mit David Lynch verglich – und nein, ich habe mich nicht verhört, stelle mir seither aber die Frage, ob Herr Jandl etwas anderes als „Twin Peaks“ von David Lynch kennt.
Den Ernst-Willner-Preis (7 000 Euro) erhielt dann – nachdem er immer knapp gescheitert war – Leif Randt. Über das Abstimmungsprozedere lässt sich sicherlich streiten. Es ist zwar schön, dass die Jury öffentlich votiert, aber in diesem Jahr standen die vier Preisträger nach der ersten Runde zum Bachmann-Preis fest und es ging nur noch darum, wer welchen Preis erhält. Auf diese Weise werden dann aus Gewinnern auch schnell Verlierer.
Abschließend wurde dann der VILLI-Publikumspreis (7 000 Euro) vergeben, den Thomas Klupp erhielt. Anscheinend hat er sich in der Online-Abstimmung recht deutlich durchgesetzt. Mir hat sein Text durchaus auch gut gefallen (wie ich gestern beschrieb), allerdings lag in meiner Gunst Leif Randt vorne.
Und was bleibt nach drei Tagen intensiver Beschäftigung mit der deutschsprachigen Literatur? Im Klagenfurt-Jargon: Gedanken an einen guten Jahrgang. Denn ich habe in den letzten Tage einige gute Texte gehört, wenn auch keine überragenden. Und ich habe einige Autoren kennengelernt, deren Wirken ich fortan mit größerem Interesse verfolgen werde. Gunther Geltinger beispielsweise, dessen trauriger Text mir gefallen hat, Nina Bussmann oder auch Daniel Wisser. Zweifellos werde ich außerdem Leif Randts Roman lesen. Solche Veranstaltungen sorgen jedes Jahr dafür, dass deutschsprachige Gegenwartsliteratur mehr Aufmerksamkeit bekommt, sie laden dazu ein, die Arbeit von Autoren und Kritikern zu hinterfragen und zu diskutieren. Vor allem aber hat Klagen in diesem Jahr gezeigt, dass deutschsprachige Gegenwartsliteratur allen Vorurteilen zum Trotz lesenswert ist.