Empfehlung: Der Krimi-Detektor

Seit einiger Zeit hat Kirsten Reimers ein tolles Angebot: eine Presse-Rundschau zu den wichtigsten internationalen Beiträgen zur Krimiliteratur. Das ist eine sehr wichtige und sehr hilfreiche Übersicht – zu abonnieren auf der Seite des Krimi-Detektors.

Diesen Beitrag teilen

Nordische Filmtage 2016

Logo NFL 2016 D

Morgen ist es wieder soweit: die Nordischen Filmtage werden in Lübeck mit dem Film Rosemari (Framing Mom) eröffnet. Ich werde natürlich wieder vor Ort sein. Einige der Filme habe ich bereits gesehen, daher möchte ich noch kurz allen Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki ans Herz legen, der in Lübeck zu sehen ist, ehe er Anfang 2017 im Kino startet. Ebenfalls gut gefallen hat mir das Heimdrama Der Tag wird kommen (Der kommer en dag) mit Lars Mikkelsen, das beim Filmfest Hamburg den Publikumspreis gewonnen hat. Besonders gespannt bin ich auf die isländischen Beiträge Der Eid (Eidurinn) von Baltasar Kormákur und Herzstein (Hjartasteinn) von Gudmundur Arnar Gudmundsson und Im Blut (I blodet), das Regiedebüt von Rasmus Heisterberg, der bisher als Drehbuchautor u.a. für Schändung und Nordvestgearbeitet hat.

Ich werde fast ausschließlich im Spielfilmwettbewerb unterwegs sein – zumal in diesem Jahr die Specials bei vier Beiträgen einen ZDF-Fernsehfilm dabei haben  und die Retrospektive mit einem abermaligen Reise-Thema für mich wenig interessant ist.

Eine Übersicht über das gesamte Programm gibt es auf der Seite der Nordischen Filmtage.

Diesen Beitrag teilen

Shots 01/2016

Nachdem ich in den letzten Monaten nur sehr wenig zum Bloggen gekommen bin, arbeite ich doch erst einmal einige angefangene Kritiken ab – und belebe endlich meine Shots wieder.

Der Schriftsteller Latimer erfährt durch Zufall von einem Bösewicht namens Dimitrios und versucht herauszufinden, was diesen Mann dazu getrieben hat, Attentate auf den bulgarischen Ministerpräsidenten zu begehen und schließlich tot im Mittelmeer zu landen. Also begibt er auf den Spuren dieses gefährlichen Mannes auf eine Recherchereise durch Europa. Dabei erweist sich in dem Klassiker des Spionagethrillers aus dem Jahr 1939 schon Dimitrios als hochaktuelle Figur: er ist ein Flüchtling, der über das Mittelmeer von der Türkei nach Griechenland kam, dort Zeuge des Massakers an den Armeniern wurde und es gibt Durcheinander bei dem Ausstellen von Dimitrios’ Papieren. Später wird es um Menschenhandel, Drogenhandel und Geldwäsche gehen, die alle mit wirtschaftlichen Interessen, Politik und Spionage verknüpft sind. Sehr lesenswert.

Eric Ambler: Die Maske des Dimitrios. Übersetzt von Matthias Fienbork. Hoffman und Campe 2016.

Zum zweiten Mal ermittelt Christian v. Ditfurths Serienfigur Eugen de Bodt vom LKA in Berlin. Ein Bombenanschlag wurde auf die Wagenkolonne verübt, die die Kanzlerin und den russischen Präsidenten von Tegel nach Mitte bringen soll. Um die titelgebenden „Zwei Sekunden“ wurde dieser Wagen verpasst, stattdessen starben ein Assistent der Kanzlerin und Sicherheitsleute. Eine Taskforce wird eingerichtet, aber auf Wunsch der Kanzlerin soll de Bodt mit seinem Team selbst ermittelt. Aber auch er tappt lange Zeit im Dunkeln, da die äußerst professionell agierenden Attentäter scheinbar einen Fehler bei der Auslösung des Zünders gemacht haben. Daher findet de Bodt trotz der üblichen Verdächtigen – Tschetschenen, Ukrainer usw. – kein tragfähiges Motiv samt Tätergruppe. „Zwei Sekunden“ ist ein wenig zu lang geraten, die ein oder andere falsche Fährte ist überflüssig, auch ist de Bodt den anderen Ermittlern schon sehr überlegen. Aber die Auflösung ist interessant und die Actionsequenzen sind rasant.

Christian v. Ditfurth: Zwei Sekunden. carl’s books 2016

Ein großer Spaß ist Ken Bruens „Füchsin“, in dem die Southeast London Police Squad von Bombenattentätern erpresst wird. Aber Detective Sergeant Brant – aus „Kaliber“ bekannt – ist ein harter Hund mit eigenem Gerechtigkeitssinn und so treffen hier eine raffinierte Gangsterin und ein verdorbener Polizist aufeinander, die beide gleichermaßen verrückt sind. Genüsslich nimmt Ken Bruen den Polizeiroman auseinander, zerstört die Illusion, dass die Polizei aufrecht sei, streut viele Zitate und Verweise ein und schafft es, mit knapp 200 Seiten blendend zu unterhalten.

Ken Bruen: Füchsin. Übersetzt von Karen Witthuhn. Polar Verlag 2016. (Disclaimer: Mit dem Polar Verlag stehe ich in geschäftlichen Verbindungen.)

Donald Ray Pollocks „Die himmlische Tafel“ ist ganz anders als seine beiden vorigen Bücher: Es ist epischer angelegt, es erinnert an Jim Thompson und „Das Böse im Blut“. Angesiedelt im ländlichen Süden der USA im Jahr 1917 sind fast alle Menschen bitterarm, ungebildet und rassistisch, viele sind zudem brutal und bösartig. Nach dem Tod ihres Vaters müssen drei Brüder nun ohne dessen knüppelharte Hand zurechtkommen und ziehen schon bald in Anlehnung an den Pulp-Roman „Das Leben des Bloody Bill Bucket“, Banken ausraubend durch die Gegend und führen ein Outlaw-Leben. Dabei kreuzen sich ihre Wege mit einem herzensguten Sanitätsinspektor, einen schwulen todessehnsüchtigen Offizier, einem Serienmörder und vielen Figuren mehr. Pollock schafft ein Bild von USA voller Träumer, Verlierer und Psychopathen, durchzieht es mit Verkommenheit und sehr derben Humor.

Donald Ray Pollock: Die himmlische Tafel. Übersetzt von Peter Torberg. Liebeskind 2016.

Diesen Beitrag teilen

In eigener Sache: Hartl & Behn

Einige werden es womöglich schon mitbekommen haben, seit vier Wochen mache ich mit meiner Kollegin Beatrice Behn ein Videoformat bei kino-zeit.de (und YouTube), in dem wir jeden Donnerstag drei ausgewählte Kinostarts besprechen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mal reinschaut.

Diesen Beitrag teilen

Über „Vertigo“ von Ahmed Mourad

Manchmal sind bei einem Buch die Hintergründe noch bemerkenswerter als das Buch an sich. Der ägyptische Autor Ahmed Mourad wurde 1978 geboren, hat als Filmemacher (Alhaúmon, And On The Seventh Day und The Three Papers) und Profi-Fotograf gearbeitet und dann eine Stelle als persönlicher Fotograf des damaligen Staatschefs Hosni Mubarak angenommen. Diese Stelle behielt er bis zum Umsturz 2011 und in dieser Zeit begann er mit der Arbeit an „Vertigo“.

(c) Lenos

(c) Lenos

Die Verbindungen sind offensichtlich: Der Protagonist des Buches von Ahmed Mourad, der am 14. Februar geboren ist, heißt Ahmed Kamal, wurde auch am 14. Februar geboren und war nach einem BWL-Studium froh, dass er von seinem verstorbenen Vater den Job eines Gesellschaftsfotografen erben konnte. Nun arbeitet er in einem exklusiven Hotel in Kairo und fotografiert vor allem Hochzeiten. Eines Abends will er nach Feierabend noch seinen Freund besuchen, der in der titelgeben Bar Vertigo im 40. Stock arbeitet. Irgendwann kommt der Hotelmanager vorbei und sagt, dass wichtige Gäste die Bar brauchen, also verzieht sich Ahmad auf den Balkon, auf dem ihn niemand sieht, und will dort auf seinen Freund warten. Zwei Geschäftsleute tauchen mit ihrem Sicherheitspersonal in der Bar auf, es finden die üblichen Machtgeplänkel statt, dann kommen plötzlich drei Männer hinzu und eröffnen das Feuer. Einer der Geschäftsmänner überlebt schwer verletzt, alle anderen sterben. Und Ahmed macht das, was er gelernt hat zu tun: er drückt auf dem Auslöser. Er macht Fotos, hält das Geschehen fest und es gelingt ihm, sich vom Tatort unerkannt zu entfernen. Er schickt die Fotos an eine scheinbar oppositionelle Zeitung, die sie aber nicht mit dem richtigen Text druckt, Polizei und Staatsanwalt ignorieren seine Bilder. Aber Ahmed lässt der Vorgang keine Ruhe, er ahnt, dass höhere Kreise hinter dem Anschlag stecken, aber im Gegensatz zum Leser fehlt ihm die Gewissheit, dass einer der Geschäftsmann Hischâm Fathis sterben sollte, weil er mit einer Prostituierten über den Sohn des Paschas gesprochen und einen Mann von einer anderen Partei finanzieren wollte. Muchî Dhannûn sollte hingegen mit der Verletzung nur gewarnt werden, weil er Geld ins Ausland transferiert, sich einem Waffengeschäft verweigert hat und einen engen Freund des Paschas nicht auf den Markt lässt. Ahmed aber weiß noch nicht einmal, dass der Chefredakteur der Zeitung, an die er die Bilder geschickt hat, ebenfalls Teil des Korruptionsgeflechts und der Intrigen ist. Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen

Über “Orange is the new black” (Staffel 4)

(Zu sagen, es folgen Spoiler, wäre womöglich untertrieben. Wer über zentrale Handlungspunkte nichts erfahren will, sollte den zweiten Absatz dieses Textes nicht lesen.)

oitnb_s4_bunks_us

„Orange is the new black“ hat schon immer einige Qualitäten gehabt: Die Vielzahl an Figuren, von denen in den einzelnen Folgen Hintergründe zu erfahren sind und die äußerst vielseitige Geschichten verbergen, die nicht nur in Hautfarbe, sexueller Orientierung, Körperform und Aussehen, sondern auch innerhalb der einzelnen „Gruppierungen“ äußerst diversifiziert sind. Die Entwicklung von Piper, die womöglich als Identifikationsfigur gedacht war und im Gefängnis im Grunde genommen erst richtig kriminell wird und mit dieser Veränderung immer wieder hadert. Die kleinen Wahrheiten, die man über die einzelnen Figuren erfährt, der Facettenreichtum von gut oder böse. Dennoch war die dritte Staffel trotz einiger dramatischer Themen fast ein wenig zu soapig und leicht. In der vierten Staffel holt nun Jenji Kohan ungefähr sechs Folgen lang aus, um einem dann die nächsten sieben Folgen langsam immer tiefer in den Magen zu bohren. Es sind herzzerreißende Momente, voller Tragik und Unvermeidbarkeit, voller Wut und Tränen (zumindest bei mir!). Weiterlesen

Diesen Beitrag teilen