Auf der Öresund-Brücke wird eine Leiche genau auf der Grenze zwischen Dänemark und Schweden gefunden. Zwei Ermittler treffen am Fundort ein: der dänische Kommissar Martin Rohde (Kim Bodnia, „In einer besseren Welt“) und die schwedische Kommissarin Saga Norén (Sofia Helin). Es stellt sich heraus, dass die Leiche aus zwei Teilen besteht: der obere Teil gehört zu einer Stadträtin aus Malmö, der untere Teil zu einer Prostituierten aus Kopenhagen. Letztere war bereits seit 13 Monaten vermisst, aber die Polizei stellte damals die Ermittlungen nach zwei Wochen ein. Und genau auf diesen Umstand wollte der Täter hinweisen: Bei polizeilichen Ermittlungen gibt es keine Gleichheit, ebenso wenig wie vor dem Gesetz.
Der Auftakt der Serie „Die Brücke – Transit in den Tod“ ist verwirrend und spannend. Der Täter plant sein Vorgehen seit mindestens dreieinhalb Jahren, dementsprechend scheint er die Kontrolle über die Ermittlungen zu haben. Er weiß, in welchem Tempo die Ermittler die Beweise finden, außerdem versorgt er einen schwedischen Journalisten mit Informationen. Dabei ist seine Tat groß angelegt: Er will auf insgesamt fünf Ungerechtigkeiten mit seinen Taten aufmerksam machen.
Die Hauptfiguren – Saga Norén und Martin Rohde
Angesichts des Falls stellt sich anfangs durchaus die Frage, warum die Serie auf eine derart eigenwillige Ermittlerin wie Saga Norén setzt. Sie ist sehr kontrolliert, genau und auf Regeln bedacht, lässt aber Empathie oder Gefühl für zwischenmenschliches Verhalten vermissen. Mit ihrem leutseligen dänischen Kollegen trifft sie auf jemanden, der auf Intuition vertraut, fünf Kinder mit drei Frauen hat und ein sehr geduldiger Mensch ist. Aber im Verlauf der Serie gewinnt Saga zunehmend an Profil, zumal gerade ihre Eigenheiten sowie Martins Versuche, ihre soziale Kompetenz zu stärken, durchaus amüsant sind. Außerdem ist hervorzuheben, dass einmal die Frau die rationale Ermittlerin sein darf – wenngleich es in ihrem Verhalten zu Widersprüchlichkeiten kommt. Oder warum sollte die rationale und menschlichen Kontakt vermeidende Saga in einer Bar gehen und einen Mann aufreißen, um ihre sexuelle Lust zu befriedigen?
Bereits die Anlage der Figuren lässt die Ähnlichkeiten zu dem kürzlich von Hans Rosenfeldt (Entwickler und Mit-Drehbuchautor von „Die Brücke“) erschienenen Krimi „Der Mann, der kein Mörder war“ erkennen. In dem Buch finden sich zahlreiche wiederholende Charakterisierungen, die bei der Lektüre unnötig waren – und einer Fernsehserie aber besser funktionieren. Zumal die Hauptdarsteller ihre Figuren sehr gut spielen. Außerdem liefern ihre zentralen Eigenschaften bereits Ansatzpunkte für die Ermittlungen. Und wenigstens sollen sie nicht über Schwächen in der Handlung hinwegtäuschen.
Kritik: Eine gute Serie mit schwachem Ende
Im Gegensatz zu der britischen Serie „Luther“ fällt bei „Die Brücke – Transit in den Tod“ nicht auf, dass die Serie in Schweden als Zehnteiler gesendet wurde. Vielmehr entwickelt sich die Handlung dadurch zügig weiter und auch einzelne Nebenhandlungen werden komprimiert erzählt. Im Verlauf der vierten Folge steht dann fest, wer der Wahrheitsterrorist ist. Dennoch geht die Serie weiter – und nun kommt das Unvermeidliche, was bisher in guter Balance gehalten wurde: die private Verwicklung eines Ermittlers in den Fall. Diese letzte Folge ist ein unnötiger Appendix, den diese gute Serie nicht gebraucht hätte. Zumal sich die Widersprüchlichkeiten nun häufen: die rationale Saga verhält sich zunehmend irrational, Martin agiert unprofessionell und schwächlich. Stattdessen hätten noch einige Nebenhandlungsstränge – beispielsweise die Geschichte hinter dem Sozialarbeiter und seiner Schwester – weiter verfolgt werden können.
In diesen Momenten frage ich mich immer, ob es nur mir so geht. Ob ich zu viele Krimiserien sehe, zu viele Krimis lese und mich deshalb von den Wünschen oder Vorlieben anderer Zuschauer zu weit entferne und die meisten diese persönlichen Verwicklungen schätzen. Aber mir hat die Idee gefallen, dass ein Wahrheitsterrorist der Täter ist, der auf Missstände aufmerksam machen will. Mit der letzten Folge aber verkommt diese Idee zu einer persönlichen Rache-Geschichte. Darauf hätte ich verzichten können – oder sie wenigstens in einer viertelstündlichen Zusammenfassung sehen wollen. Und diese letzte Folge ist umso bedauerlicher als „Die Brücke – Transit in den Tod“ an sich eine gute Serie ist. Die Verhandlungen über eine zweite Staffel laufen bereits.
„Die Brücke – Transit in den Tod“ wird am dem 11. Mai auf ZDFneo wiederholt.
Die Serie ist ebenfalls als DVD-Box mit 5 Disc erschienen. Als Bonusmaterial sind Interviews mit den Machern und Darstellern sowie ein Blick hinter die Kulissen enthalten.
Update: Nun gibt es einen ersten Trailer zu der amerikanisch-mexikanischen Version von “Die Brücke”, die mit Diane Kruger und Demián Bichir recht solide bzw. gut besetzt zu sein scheint. Allerdings erinnert Diane Krugers Spiel mich doch sehr an Helins Sage:
Hallo,
mir ist aufgefallen, daß viele Rezensionen dieser Serie Saga als verschroben oder eigenwillig charakterisieren, aber meiner Meinung nach ist es völlig offensichtlich, daß sie am Aspergersyndrom leidet (im übrigen gut dargestellt). Sie hat fast keine emotionale Befähigung, ist aber dafür hochintelligent. Deshalb kann sie auch keine richtige Trauer über den Tod ihrer Schwester empfinden und versteht auch nicht die emotionalen (Re)Aktionen ihrer Kollegen und anderer Mitmenschen, sie kann nur versuchen, diese intellektuell zu erklären. Deshalb reißt sie auch so einfach einen Typen in der Kneipe auf, und schmeißt ihn nach dem Akt mit ihrer kalten Art auch gleich wieder heraus, sie befriedigt ein körperliches Bedürfnis, kein emotionales. Deshalb hat sie auch nur Fertigmahlzeiten in der Küche, sie stillt mit minimalem Aufwand damit nur ihren Hunger, auch ein körperliches Bedürfnis. Sie ist nicht in der Lage eine Liebesnacht oder eine feine Mahlzeit zu würdigen.
Das ist auch das interessante an ihrem Charakter, daß sie halt intellektuell weiß, daß ihr etwas entgeht, was alle anderen (weniger intelligenten) Leute haben, aber aufgrund ihrer Krankheit kann sie dies einfach nicht nachempfinden, sondern nur diese Situationen mit ihrem Intellekt nachstellen, um dann zu versuchen, was sie dabei mit ihren unterentwickelten Emotionen empfinden kann, wie man ja am Ende der Serie bei ihrer recht direkten Aufforderung zum Essen ihres Sexpartners sieht. Was das Ende der Serie angeht, so bin ich auch etwas enttäuscht, weil es doch meiner Meinung nach zu sehr dem Klischee Ende eines Krimis entsprach. Vor allen Dingen war meiner Meinung nach schon recht früh zu erkennen, daß der Showdown auf der Brücke stattfinden mußte. Als einer der Charaktere erwähnte, daß Mette und ihre Kinder nur eine Ablenkung von Martins Sohn sind, war klar, daß der Mörder stark auf Symmetrie hin arbeitet, und deshalb war klar, daß der letzte Akt zwischen ihm und Martin auf der Brücke stattfinden mußte. Ich war ziemlich enttäuscht, daß das Strickmuster, der Mörder darf bis zu letzt nicht gefaßt werden, stärker war, als Sagas Charakterisierung als hochintelligent. Deshalb waren auch die letzten falschen Spuren vor der Brücke für mich ziemlich langweilig, da ich ja schon damit rechnete, daß sie nicht zum Mörder führen würden.
Aber die ersten acht Folgen waren hochinteressant und spannend.
Dass Saga
am Asperger-Syndrom leidetdas Asperger-Syndrom hat, ist eine interessante Deutung. Anfangs dachte ich auch in diese Richtung, allerdings passt da für mich (als Laie) das Aufreißen in der Kneipe nicht richtig hinein. Sofern man allerdings die Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse in den Vordergrund stellt, ist es schon stimmig. Danke für Deinen Kommentar.Die Brücke zählt für mich mit Kommissarin Lund (nur 1. Staffel) zum Spannendsten, was Krimiserien bislang zuwege gebracht haben. Die trockenen Tatsachen, das Kompromisslose, das Schockierende, die Art, wie der Täter die Stadt vor vollendete Tatsachen stellt, das verspricht von Anfang an Hochspannung. Und die geht auch bis zum Schluss nicht verloren.
Man fiebert mit den beiden Ermittlern, man will unbedingt wissen, wer dahintersteckt und bekommt es nicht raus, wenigstens nicht bis zum 4. Teil. Dramaturgisch ist dann sonnenklar, dass nur “er” es sein kann. Seine Identität ist leider völlig aus der Luft gegriffen, konstruiert und unglaubwürdig, genauso wie das dumme “Motiv”, dessenthalben er all dies gemacht haben soll. Trotzdem: Wer darüber hinwegsehen kann, den erwartet wohl eine der besten und spannendsten Krimiserien, die bislang ausgestrahlt worden sind.
Klasse Serie, absolut spannend, auch inhaltlich gut recherchiert. Muss man gesehen haben – deshalb nicht zu viel verraten !
Maria
In diesen Momenten frage ich mich immer, ob es nur mir so geht.
Mir geht’s genauso… Stimme Deiner Kritik in jedem Punkt zu.
Und ich hatte mich nach der letzten Folge auch gefragt, ob es nur mir so geht…
Mir geht es auch ähnlich! Kann mir jemand vielleicht auf die Sprünge helfen, was es mit der blonden Frau – nicht Sonja – und ihren Kindern auf sich hat, die Stefan Lindberg zu Beginn der Serie in einem Haus versteckt? Soll das nur seinen Alltag als Sozialarbeiter darstellen? Und ist dies nicht das selbe Haus, in das Jens Mette und die Kinder bringt? Ich bin verwirrt…
Es ist schon eine Weile her, dass ich diese Staffel gesehen habe, aber ich meine, die Frau spielt dann keine Rolle mehr – das ist nur einer der Nebenhandlungsstränge, der kurz ein wenig Spannung in die Serie bringen soll und Lindbergs Arbeit darstellt. Auch das Haus kommt dann – meine ich – nicht mehr vor.