Auf den ersten Blick stimmt bei diesem Kriminalroman alles: Ein schöner Titel, die Geschichte klingt spannend und bei schwedischen Autoren-Duos werden unweigerlich Erinnerung an Maj Sjöwall und Per Wahlöö wach. Nun soll gar nicht der unzutreffende Vergleich mit diesen Eltern des mittlerweile oftmals als typisch angesehenen schwedischen Krimis gezogen werden, denn mit „Der Mann, der kein Mörder war“ wollen Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt keine Sozialkritik üben oder Missstände aufdecken, sondern spannend unterhalten. Und das gelingt ihnen in Ansätzen.
„Der Mann, der kein Mörder war“ ist der Auftakt zu einer fünfteiligen Reihe um den Psychologen Sebastian Bergman. Er ist ein schwieriger Charakter, egozentrisch und selbstverliebt, aber ein brillanter Kopf. Seit er seine Frau und seine Tochter bei dem Tsunami 2006 verloren hat, hat er seine Arbeit aufgegeben. Er lebt gänzlich in der Erfahrung des Verlustes und betäubt seinen Schmerz mit kurzen, schnellen Affären mit Frauen, die ihm für eine Nacht Nähe suggerieren. Sein Zustand bessert sich dadurch aber nicht, aber er will auch nicht, dass es ihm besser geht. Nun ist er anlässlich des Todes seiner Mutter in seine alte Heimatstadt Västerås zurückgekehrt, um die Hinterlassenschaften zu ordnen. Fast zur gleichen Zeit wird dort die Leiche eines Schülers entdeckt, der das Herz entnommen wurde. Die örtliche Polizei zieht eine Sonderheit aus Stockholm hinzu, deren Leiter Sebastian Bergman bestens kennt. Es ist sein alter Weggefährte Torkel Höglund, mit dem er bereits früher zusammengearbeitet hat. Und auch bei diesem Fall bietet Sebastian Bergman seine Hilfe an. Höglund weiß genau, wo gut er ist – und nimmt deshalb an. Das sorgt für Unstimmigkeiten in seinem Team, insbesondere die Kriminaltechnikerin Ursula – mit der Höglund eine Affäre hat – ist davon wenig begeistert.
Angenehmerweise bleiben die Reibereien im professionellen Rahmen, so dass unsägliche Eitelkeiten nicht die Ermittlungen stören. Dabei verwenden Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt sehr viel Sorgfalt auf die Beschreibungen der einzelnen Figuren, in denen Merkmale bisweilen ermüdend oft wiederholt werden. Dadurch verliert der Kriminalroman an Spannung, zumal viele unnötige Perspektiven eingebaut sind. Hier macht sich durchaus bemerkbar, dass Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt Drehbuchautoren sind und die Verfilmung der Reihe bereits geplant ist: Neben der Charakterisierung der Hauptfiguren gibt es viele Schnitte und auch einen relativ einfachen Satzbau. Und als Fernsehserie dürfte diese Geschichte auch weitaus besser funktionieren als als Kriminalroman. Im Fernsehen sind Längen eher zu verzeihen, bei einem unterbrochenen Ausstrahlungsrhythmus können Wiederholungen sogar helfen, die einzelnen Stränge im Überblick zu behalten. Außerdem wird das Bemühen der Autoren, allen Figuren eine Geschichte zu geben, weit weniger störend auffallend. In einer Fernsehserie ist es interessant, wenn mögliche weitere Verwicklungen bereits angedeutet werden – wie beispielsweise Sebastians Suche nach einem Kind, von dessen Existenz er nichts wusste. Für den ersten Teil einer Buchreihe ist dies aber schlichtweg nicht nötig, hier hätte die Konzentration auf ein oder zwei zentrale Figuren ausgereicht und für mehr Tempo gesorgt. Darüber hinaus ist Sebastian Bergman auch keine vollends unsympathische Figur. Allein durch das Trauma, das er erlitten hat, ist er eher zu bemitleiden. Auch das ist womöglich auf die Verfilmung zurückzuführen. Denn ein Leser ist eher bereit, einer unsympathischen Figur zu folgen als ein Zuschauer.
Am Ende erfährt dann auch der Fall eine wenig spektakuläre Auflösung. Sie kommt nicht völlig überraschend, ist aber auch nicht allzu vorhersehbar. Insgesamt ist „Der Mann, der kein Mörder war“ daher ein Kriminalroman, dem eine stärkere Konzentration auf die Handlung und einige Kürzungen gut getan hätten – und der für eine Verfilmung bestens geeignet ist.
Update: Am 13. und 20. Oktober 2013 wird die Verfilmung dieses Buches im ZDF zu sehen sein.