Was war nur mit Ricky Gervais los? Noch im letzten Jahr habe ich mich köstlich über seine Moderationen und Einlagen amüsiert – aber nun bin ich froh, dass ich die Verleihung nicht live gesehen, sondern aufgezeichnet habe. Anstatt bissiger Witze über die Anwesenden bewegte er sich mit Kommentaren zu Kim Kardashian und Justin Bieber auf der sicheren Seite, lediglich bei der Anmoderation von Colin Firth, (Ricky Gervais: “What you don’t know about him is he’s very racist. Very, I mean, really nasty stuff.” und “I’ve also seen him punch a little blind kitten“. “Please welcome the evil Colin Firth!”), die von dem SChauspieler souverän gekontert wurde (“some very angry religious people outside with big placards threatening us all with brimstone and pestilence and perdition for our sins”.”What they don’t realise is – we have Ricky”), zeigte er ein wenig von seiner Form aus dem letzten Jahr und ließ Bissigkeit vermissen. Dadurch wurde die Show recht langweilig, zumal fast ausschließlich die Favoriten gewonnen haben. Bei den Dankesreden, zeige Jean Dujardin – ausgezeichnet als bester Komödien-Hauptdarsteller für „The Artist“ – eine sehenswerte Hommage an Douglas Fairbanks, und bewies Meryl Streep ein enormes Namensgedächtnis. Auch die Bromance zwischen George Clooney und Brad Pitt war nett inszeniert: Erst stellten sie gegenseitig ihre Filme vor, dann erwähnte George Clooney ihn in seiner Dankesrede als ersten. Darüber hinaus bleiben aber nur wenige Dinge bemerkenswert: die Hollywood Foreign Press Association (HFPA) zeichnete sechs Weinstein-Produktionen aus, selbst Madonnas „W.E.“ hat einen Preis für den besten Song erhalten; einige Schauspieler übertreiben es mit den Bräunungsprodukten etwas – und die Kleiderwahl der Damen war recht bunt.
Die weitaus spannendere Frage ist aber, wie es nun bis zu den Oscars weitergeht. Nach den Kritikerpreise liegen bei den Filmen „The Artist“ und „The Descendants“ vorne, bei den Schauspielern George Clooney („The Descendants“) und Jean Dujardin („The Artist“), bei den Schauspielerinnen Meryl Streep („The Iron Lady“) und Michelle Williams („My Week with Marilyn“). Andere hochgehandelte Filme und Schauspieler – insbesondere „The Help“ und Viola Davis – spielen bislang kaum eine Rolle, allerdings vermute ich, dass sich das bei den SAG-Awards ändern wird. Und auch Martin Scorseses „Hugo“ traue ich noch einiges zu – spätestens bei der Oscarverleihung.
Die Gewinner im Überblick:
Bester Film (Drama): „The Descendants“
Beste Schauspielerin (Drama): Meryl Streep, „The Iron Lady“
Bester Schauspieler (Drama): George Clooney, „The Descendants“
Bester Film (Komödie/Musical): „The Artist“
Beste Schauspielerin (Komödie/Musical): Michelle Williams, „My Week With Marilyn“
Bester Schauspieler (Komödie/Musical): Jean Dujardin, „The Artist“
Beste Nebendarstellerin: Octavia Spencer, „The Help“
Bester Nebendarsteller: Christopher Plummer in „Beginners“
Bester Animationsfilm: „Die Abenteuer von Tim und Struppi“
Bester fremdsprachiger Film: „Nadar und Simin – Eine Trennung“
Beste Regie (Film): Martin Scorsese, „Hugo“
Bestes Drehbuch (Film): Woody Allen, „Midnight In Paris“
Beste Musik: Ludovic Bource, „The Artist“
Bester Song: „Masterpiece“ („W.E.“, Madonna, Julie Frost, Jimmy Harry)
Beste Drama-Serie: „Homeland”
Beste Comedyserie: „Modern Family”
Beste Miniserie oder Fernsehfilm: „Downton Abbey”
Bester Hauptdarsteller in einer Dramaserie: Kelsey Grammer, „Boss”
Bester Hauptdarstellerin in einer Dramaserie: Claire Danes, „Homeland”
Bester Hauptdarsteller in einer Comedyserie: Matt LeBlanc, „Episodes”
Beste Hauptdarstellerin in einer Comedyserie: Laura Dern, „Enlightened”
Bester Darsteller in Miniserie oder Fernsehfilm: Idris Elba, „Luther”
Beste Darstellerin in Miniserie oder Fernsehfilm: Kate Winslet, „Mildred Pierce”
Bester Nebendarsteller in Serie, Miniserie oder Fernsehfilm: Peter Dinklage, „Game of Thrones”
Beste Nebendarstellerin in Serie, Miniserie oder Fernsehfilm: Jessica Lange, „American Horror Story”
Cecil B. DeMille Award: Morgan Freeman