In den Romanen von Heinrich Steinfest gibt es viele wiederkehrende Motive, die im Zusammenspiel mit Orten und Figuren ein eigenes Weltgebilde kreieren. Dazu gehört beispielsweise der Name Batman, aber auch der Duft von 4711. Die Bedeutung dieses Motivs wird in „Ein dickes Fell“ ausführlich begründet. Dort ist 4711 ein Wunderwasser, das auf die Rezeptur eines Kartäuser-Mönches aus dem 18. Jahrhundert zurückgeht. Aber längst ist die heilende Wirkung dieses Duftwassers in Vergessenheit geraten. Nur wenige wissen von diesem Effekt – und einem Fläschchen mit dem Urdestillat, dem übersinnliche Kräfte nachgesagt werden. Denn der vermeintliche Archivar Kurt Smolek glaubt sogar, dass man einem Golem zu Leben erwecken kann, wenn man ihm ein Pergamentpapier mit dem Namen Gottes auf die Stirn heftet und mit einigen Spritzern 4711 beträufelt.
Nun überschneidet sich diese Geschichte aber mit der Ermordung eines norwegischen Botschafters durch Anna Gemini und Chengs Ermittlungen in diesem Fall. Und dieser Handlungsstrang, der letztendlich die umfassende Aufklärung mit sich bringt, wird durch Hitchcock-Filme ausgelöst: Alles „begann ein wenig wie in diesem Film „Ein Fenster zum Hof“. Allerdings fesselte kein Gipsbein die Diplomatengattin Magda Gude ans Fenster, sondern eine Schönheitsoperation. Aber wie L.B. Jeffries beobachtet sie einen Mann aus dem gegenüberliegenden Wohnblock. Sie weiß, dass es sich bei ihm um den populären zeitgenössischen Autor Sam Soluschka handelt. Er geht jeden Tag joggen – und irgendwann nutzt Magda seine Abwesenheit, um aus einer Laune heraus in seine Wohnung einzubrechen. In einem Fahrstuhl, der an einen Film von David Lynch erinnert, gelangt sie zu der Wohnung mit der Türnummer 3902 und findet in einem Tresorraum ein streng bewachtes Fläschen 4711.
Anfangs verwundert Magda Gude sowohl die Bewachung des Duftwassers als auch die Türnummer (zumal die Wohnung im fünften Stock liegt). Doch dann sieht Magda Gudes Helfer, Ludwig Danglard, den Film „Der unsichtbare Dritte“ in der deutschen Fassung. Dort schlüpft Gary Crant in einem Schlafwagenabteil mit der Nummer 3902 unter. Dadurch entdeckt Dalgard einen Zusammenhang zwischen diesen Ziffernfolgen – schließlich ergäben beide die Quersumme 14. Dass er sich verrechnet hat, bemerkt Dalgard nicht. Außerdem übersieht er noch einen zweiten Fehler. Denn nur in der deutschen Fassung des Films wird die Zahl 3902 genannt, in den anderen Fassungen ist es 3901. Diese Ziffernfolge würde nun weitaus besser zu 4711 passen, da sie beide die Quersumme von 13 ergeben – also jene „stark belastete und vielgescholtene Zahl“.
Doch Dalgard ist von seinen falschen Berechnungen überzeugt und löst dadurch eine beachtliche Handlungsfolge aus. Zumal am Ende des Romans auch noch die Ziffernfolge 3902 als Name Gottes entschlüsselt wird. Außerdem weist der Erzähler darauf hin, dass eine ähnliche Ziffernfolge in einem weiteren Hitchcock-Film zu sehen ist. Und zwar trägt die Hotelzimmertür in „Der Mann, der zuviel wusste“ die Nummer 392, die ebenfalls die Quersumme 13 ergebe. Nun ließe sich in die einzelnen Ziffern 3, 9 und 2 sehr viel interpretieren, aber ich werde mich in diesen Bereich nicht begeben.
Doch der Duft von 4711 taucht auch noch in anderen Romanen von Heinrich Steinfest auf. So nutzt Lilli Steinbeck diesen Duft in „Die feine Nase der Lilli Steinbeck“, ja, sie trägt sogar stets ein Erfrischungstuch dieser Marke bei sich. Nachdem Stavros Stirling verletzt wird, verarztet sie ihn mit diesem Elixier, dem ja in „Ein dickes Fell“ heilende Kräfte zugesprochen wurde. Diese Kleinigkeit wird in der „feinen Nase“ nicht weiter ausgedeutet, aber damit knüpft Heinrich Steinfest einen weiteren Knoten in das Universum, das mit seinen Romanen entsteht.
Im nächsten Teil wird es um den Knotenpunkt namens „Batman“ gehen.