Heute erscheint die Literaturverfilmung „Alles, was wir geben mussten“ auf DVD und dazu habe ich im Blog von LovelyBooks einen Beitrag geschrieben – und ein kleines Gewinnspiel gestartet. Aber einen Aspekt spreche ich dort nicht an, obwohl er mich beim Lesen des Buches und Sehen des Films doch sehr beschäftigt hat: der unglückliche deutsche Titel. Bei mir ist ob der (freiwilligen?) Bildlichkeit dieses Titels ein fader Nachgeschmack entstanden, den ich nicht mehr loswerde. Dagegen ist der Originaltitel „Never let me go“ so viel schöner, im guten Sinn doppeldeutig und vor allem nicht willkürlich gewählt. Denn „Never let me go“ ist der Titel eines Liedes, das die Hailsham-Kollegiatin und spätere Betreuerin Kathy H. im Internet immer wieder hört. Oft nimmt sie dazu ein Kissen in den Arm und stellt sich vor, es sei ein Baby. Dann singt sie inbrünstig „oh Baby, never, never let me go“ und träumt von einem Kind, das sie niemals verlassen wird. Aber Hailsham-Kollegiaten können keine Kinder bekommen. Im Roman ist diese Szene eindrücklich, zumal sie eine unterschwelle Tragik enthält, die den Leser nachdenklich stimmt – und Kathys naive Auslegung dieser Zeilen des Liebesliedes eine zarte Komik enthält. In der Verfilmung haben Drehbuchautor Alex Garland und Regisseur Mark Romanek diese Szene grundsätzlich beibehalten und sie ist fast noch trauriger. Denn als Zuschauer kennt man das Geheimnis dieser Leben, dem sich die Leser von Ishiguros Roman erst langsam nähern. Außerdem erklingt hier das Lied dazu, so dass die Tragik noch deutlicher wird.
Wie der deutsche Titel entstanden ist – keine Ahnung. Sicherlich wäre eine Übersetzung im Stil vom „Lass mich niemals los“ recht schwülstig geworden, aber „Alles, was wir geben mussten“ hat nun einmal in dem Zusammenhang der Geschichte eine Konnotation, die mir nicht gefallen hat. Aber es gibt ja fraglos zahlreiche missglückte Titel …
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