Schlagwort-Archive: Marie Kroyer

Die Liebe im Lichte Dänemarks – Über „Marie Krøyer“ von Bille August

(c) Rolf Konow; DFI

(c) Rolf Konow; DFI

Das Licht soll einzigartig sein in Skagen im Norden Dänemarks. Deshalb zieht es seit Jahrzehnten Künstler in den kleinen Fischerort. Zur Jahrhundertwende ist der berühmteste Maler des Ortes Peder Severin Krøyer (Søren Saetter-Lassen), genannt Søren. Er lebt hier mit seiner Frau Marie (Birgitte Hjort Sørensen), die von vielen als die schönste Frau Dänemarks gesehen wird, und seiner Tochter Vibeke. Auf den ersten Blick scheint ihr Leben einer Künstler-Idylle zu gleichen: Während Søren und Marie im Atelier malen, sitzt Vibeke zwischen ihnen und freut sich über die alberne Aufmerksamkeit ihres Vaters. Marie und Søren wirken glücklich, sie ist ihrem Mann Model, kümmert sich um den Haushalt und ihre Tochter. Aber schnell zeichnen sich erste Risse ab: Søren ist launisch, dominant und impotent. Er ordnet alles seiner Kunst unter, jedoch hält Marie das Verhalten ihres Mannes duldsam aus. Anscheinend will sie den Traum vom Leben an der Seite eines berühmten Malers nicht aufgeben, jedoch fürchtet nun bereits ihre Tochter, dass sich ihr Vater mal wieder „komisch“ benehme. Und ihre Befürchtungen werden bestätigt: Søren leidet unter manischen Anfällen, in denen er seine Frau malträtiert und eines Tages beinahe tötet. Zum wiederholten Mal kommt er daher in eine psychiatrische Klinik – und Marie wartet auf ihn. Zunehmend leidet sie unter ihrer Selbstaufopferung und der harschen Kritik ihres Mannes an ihrer eigenen Malerei, verzweifelt sucht sie nach einem Weg zu sich – und glaubt ihn in einer Affäre mit dem schwedischen Komponisten Hugo Alfvén (Sverrir Gudnason) zu finden.

(c) Rolf Konow; DFI

(c) Rolf Konow; DFI

Langsam führt Regisseur Bille August in seinem ersten dänischen Film seit über 20 Jahren in die Handlung ein, die einen zu erwartenden Verlauf nimmt. Dabei nutzt das Drehbuch von Peter Asmussen das tatsächliche Leben von Marie Krøyer als Rahmen und füllt ihn mit fiktiven Ereignissen. Historisch bestätigt ist ihre Ehe und ihre Affäre, ausgespart wird aber ihre Wandlung zu einer Innenausstatterin – und eine zweite Ehe. Vielmehr stellen Bille August und Peter Asmussen Marie als eine Frau dar, die sich letztlich durch die Begegnungen mit Männern formt. Ihrem selbstsüchtigen Ehemann – gut gespielt von Søren Saetter-Lassen – folgt ein oberflächlicher Komponist, Hilfe bekommt sie außerdem von einem Arzt und einem Anwalt, während es ihre Freundin bei einer kryptischen Warnung vor Hugo belässt. Die Verführungskraft dieses Mannes ist indes nur schwer nachzuvollziehen, da Sverrir Gudnason blass und ohne Charisma bleibt. Daher wirkt Hugo nicht wie Maries große Liebe, sondern wie ein Mann, dem Marie begegnet und der ihr einen scheinbaren Ausweg bietet. Außerdem gibt er wenigstens vor, sie – im Gegensatz zu allen anderen – nicht auf ihr Äußeres zu reduzieren. Erst am Ende des Films wird dann durch ein ergreifendes Gespräch mit ihrer Tochter deutlich, warum sie so gehandelt hat. Aber auch daran knüpft der Film nicht an, sondern setzt lieber auf eine emblematische Schlussszene.

(c) Rolf Konow; DFI

(c) Rolf Konow; DFI

Sicher ist Bille August erfahren genug, um die vorhersehbare Handlung unterhaltsam zu entfalten. Das ruhige Erzähltempo lässt dem Zuschauer viel Zeit, die sorgfältige Ausstattung wahrzunehmen, die mit viel Liebe zum Detail die Epoche der Jahrhundertwende lebendig werden lässt. Auch Kameramann Dirk Brüel sind sehr schöne Bilder gelungen, in denen er das berühmte Licht am Skagen hervorragend einfängt. Somit ist „Marie Krøyer“ alles in allem ein altmodisches Kostümdrama – gut ausgestattet, schön fotografiert und langsam erzählt.

Diesen Beitrag teilen

Skandinavische Filmtage in Bonn 2014

Zum 15. Mal finden vom 8. Mai bis 15. Mai 2014 die Skandinavischen Filmtage in Bonn statt, die Einblicke in das aktuelle Filmschaffen in Skandinavien geben möchten. Die meisten der gezeigten Filme habe ich bereits gesehen, daher möchte ich besonders den finnischen Film „Above Dark Waters“ („Tumman veden päälä“) des Regisseur Peter Franzén empfehlen, der hier einen eigenen autobiographischen Roman verfilmt hat. Diese zutiefst persönliche Geschichte über seine Kindheit zwischen einem prügelnden Vater und liebevollen Großvater erzählt er konsequent aus kindlicher Perspektive. Oft habe ich mit dieser Erzählweise SChwierigkeiten, da sie allzu oft aufgeweicht oder unterlaufen wird, Peter Franzén gelingt es aber, die Erfahrungen eines kleinen Jungen, der vom Vater misshandelt wird, so eindringlich und wahrhaftig auf die Leinwand zu bringen, dass ich mich mit diesem Kind in seiner Welt befunden habe. Dabei wird diese Liebe für den Vater, die durchsetzt ist von Angst und dem Wunsch, die Mutter und sich selbst zu schützen, sehr gut transportiert.

Freunde der ruhigen, schön fotografierten Unterhaltung werden hingegen bei dem Kostümdrama „Marie Krøyer“ auf ihre Kosten kommen, in dem Bille August von dem Leben der einst schönsten Frau Dänemarks und ihre Ehe mit dem Maler Søren Krøyer erzählt. Eine harte Gangster-Geschichte bietet „Black’s Game – Kaltes Land“ („Svartur á leik“) aus Island – und gute Unterhaltung der „Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ (im Programmüberblick sind meine Kritiken verlinkt).

Schade finde ich, dass weder „Jeg er din“ noch „Nordvest“ zu sehen sind, die im letzten Jahr zu meinen skandinavischen Favoriten gehörten. Allerdings vermute ich, dass diese Filme, die weiterhin auf Festivals laufen, nicht einfach zu bekommen sind. Und wer weiß, vielleicht laufen sie ja im nächsten Jahr. Vor allem ist indes bemerkenswert, dass die Skandinavischen Filmtage seit 1999 von einer studentischen Kulturgruppe organisiert werden – und dank dieses Engagements in Bonn eine Woche lang skandinavische Filme im Original mit Untertitel zu sehen sind. Die Resonanz des Publikums ist gut, viele Vorstellungen sind schnell ausverkauft. Vielleicht ist das ja schon ein Zeichen, dass hierzulande mehr skandinavische Filme laufen sollten. 🙂

Das Programm im Überblick:

Donnerstag, 8. Mai 2014 | 20:00 | Kino in der Brotfabrik
Shed No Tears; Känn ingen sorg
Schweden 2013; 119 Minuten; OmeU – Regie: Måns Mårlind. Mit Adam Lundgren, Disa Östrand, Jonathan Andersson.

20131010-101926-4

Freitag, 9. Mai 2014 | 20:00 | Kino in der Brotfabrik
Marie Krøyer
Dänemark 2012; 102 Minuten; OmU – Regie: Bille August. Mit Birgitte Hjort Sørensen, Søren Sætter-Lassen, Sverrir Gudnason. Zu meiner Kritik – und Jens vom skandinavisches-kino.de sieht es ganz ähnlich.

Samstag, 10. Mai 2014 | 20:00 | Kino in der Brotfabrik
Kurzfilmabend

Sonntag, 11. Mai 2014 | 19:00 | Kino in der Brotfabrik
Black‘s Game – Kaltes Land; Svartur á leik
Island 2012; 104 Minuten; OmU – Regie: Óskar Þór Axelsson. Mit Þor Kristjánsson, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Damon Younger, María Birta. Zu meiner Kritik.

Montag, 12. Mai 2014 | 20:00 | Kino in der Brotfabrik
Soundbreaker
Finnland 2012; 86 Minuten; OmU – Regie: Kimmo Koskela. Mit Kimmo Pohjonen, Samuli Kosminen, Timo Kämäräinen, Kronos Quartet

(c) Concorde

(c) Concorde

Dienstag, 13. Mai 2014 | 19:30 | LVR-LandesMuseum Bonn
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand; Hundraåringen som klev ut genom fönstret och försvann
Schweden 2013; 114 Minuten; OmU – Regie: Felix Herngren; Mit Robert Gustafsson, Iwar Wiklander, David Wiberg, Alan Ford, Georg Nikoloff. Zu meiner Kritik.

Mittwoch, 14. Mai 2014 | 20:00 | Kino in der Brotfabrik
Above Dark Waters; Tumman veden päällä
Finnland 2013; 108 Minuten; OmeU – Regie: Peter Franzén. Mit Olavi Angervo, Samuli Edelmann, Matleena Kuusniemi, Peter Franzén.

Donnerstag, 15. Mai 2014 | 20:00 | Kino in der Brotfabrik
In Order of Disappearance
Norwegen 2014; 116 Minuten; OmU – Regie: Hans Petter Moland. Mit Stellan Skarsgård, Bruno Ganz, Kristofer Hivju, Birgitte Hjort Sørensen, Pål Sverre Hagen

Diesen Beitrag teilen