Krimi-Kritik: „Cold Hard Love“ von Frank Bill

(c) Suhrkamp

Wenn auf der Rückseite eines Buches Donald Ray Pollock mit den Worten zitiert wird: „Einer der wildesten Trips, auf die man beim Lesen eines Buches überhaupt gehen kann“, dann werden Erwartungen geweckt. Immerhin hat Donald Ray Pollock mit „Das Handwerk des Teufels“ einen harten, brutalen und tieftraurigen noir-Roman geschrieben, der für mich weiterhin zu den besten Büchern des Jahres gehört. Auch „Cold Hard Love“ von Frank Bill ist ein düsterer Southern Noir. Dennoch – gerade im Vergleich zu Pollocks großartigem Buch – ist Frank Bills Geschichtensammlung nicht von dieser düsteren Aussichtslosigkeit geprägt, die diese Stilrichtung ausmacht.

In seinem Buch versammelt Frank Bill 17 Geschichten mit teils wiederkehrenden Charakteren. Alle spielen im Süden von Indiana in der Nähe des Blue River. Sie erzählen von einem Großvater, der seine Enkelin in die Prostitution verkauft, von Chrystal-Meth-Junkies, Kriegsveteranen, untreuen Ehefrauen und Cops. Getreu des Originaltitels „Crimes in Southern Indiana“ handeln sie von Gewalt und Verbrechen. Zu den besten Geschichten zählt die titelgebende Story „Cold Hard Love“, in der ein Paar auf eine Zukunft als Veranstalter von Hundekämpfen hofft, dafür aber einen Mord begehen muss. Hier haben die Figuren eine Vergangenheit und Motivation für ihre Taten. Mit brutaler Wucht trifft auch die Geschichte „Alttestamentarische Weisheit“ den Leser, in der eine Eskalation der Gewalt erfolgt – und in „Albtraum eines Wachbärenjägers“ vermag es Frank Bill, seiner Hauptfigur einen Hintergrund zu geben, der sie dem Leser näher bringt. Dagegen bleiben ausgerechnet in der Einstiegsgeschichte die Figuren leb- und konturlos, so dass sie schlichtweg aufgrund ihrer Brutalität in Erinnerung bleibt. Aber die Gewalt verliert ihren Schrecken, wenn den Figuren, die sie ausüben oder erleiden, die Tiefe fehlt. Dann wirken Frank Bills Geschichten wie kurze Skizzen und Versuche des Autors an literarischen Formen, ohne dass er sie nennenswert voranbringt. Und dieses Fehlen ist nur bedingt dem Genre der „story“ zuzuschreiben.

Dennoch ist „Cold Hard Love“ ein Buch, das als Erstling des Autors Frank Bill Beachtung verdient. Einige Geschichten sind gut angelegt, so dass man sich wünscht, er würde bei den Charakteren bleiben. Hier wäre es beispielsweise spannend zu sehen, was ihm zu dem Cop Mitchell noch einfällt. Und wer weiß, vielleicht wird er ja der Autor für das südliche Indiana wie Daniel Woodrell es für die Ozark Mountains ist.

Frank Bill: Cold Hard Love. Stories. Übersetzt von Conny Lösch. Suhrkamp 2012.

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