Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass bei meiner Reihe über „Heinrich Steinfest und der Film“ einige Romane des in Stuttgart lebenden österreichischen Kriminalschriftstellers fehlen. Diese Lücke soll nun – abgesehen von seinen beiden frühen Romanen, die leider vergriffen sind – sukzessive geschlossen werden. Daher geht es heute mit den ersten beiden Teilen der Cheng-Reihe weiter.
Fellini und „Die Straßen von San Francisco“ in „Cheng“
Der erste Teil der vierbändigen Reihe mit dem Privatdetektiv Markus Cheng ist im Jahr 1999 erschienen und im Hinblick auf filmische Anspielungen nicht sehr ergiebig. Vor allem referiert Steinfest hier auf bekannte Bilder der Filmgeschichte. Beispielsweise begegnet Cheng während einer surrealen Schneesturm-Szene im Wirtshaus der „felliniesken“ Gerda, die Cheng auf ihren Schoß sitzen lässt und mit Küssen beschenkt. Oder er hat einen „Schweißausbruch, wie ihn Gregory Peck in Die 27. Etage angesichts einer Pistole an seiner Schläfe erleidet“. In diesem Vergleich könnte höchstens noch ein Hinweis gesehen werden, dass auch in „Cheng“ nicht jeder der ist, der er zu sein vorgibt.
Daneben werden andere sowohl literarische als auch filmische Krimi-Klassiker erwähnt. Cheng muss mal an Patricia Highsmith denken, später fühlt er sich wie die Nonne in „Vertigo“, die Kim Novak derart erschreckt, dass sie sich in den Abgrund stürzt. Durch diesen Vergleich reflektiert Cheng seine eigene Rolle im Roman – ohnehin ein charakteristisches Merkmal insbesondere Cheng-Romane. Auch der Vergleich zwischen der Fernsehserie „Die Straßen von San Francisco“ mit den realen Straßen in San Francisco führt letztendlich zu der Erkenntnis, dass die fiktive Wirklichkeit aufregender als die reale sei – nur das diese Behauptung in einem Roman steht. Und später ist es dann erneut ein Hitchcock Film mit dem bezeichnenden Titel „Der Mann, der zuviel wusste“, an den Cheng denken muss – vor allem an die Peinlichkeit von Doris Day. Doch hier macht sich Cheng den Titel des Liedes Que sera auf besondere Art eigen: Denn er lässt es einfach geschehen.
Erst Paul Newman, später Robert Redford – „Ein sturer Hund“
„Ein sturer Hund“ ist der zweite Teil der Cheng-Reihe, in dessen Zentrum zunächst eine andere Hauptfigur steht. Der Schriftsteller Moritz Mortensen hat drei Romane veröffentlicht, die aber nicht sonderlich erfolgreich waren. Zufällig stolpert er in einen Mordfall und sieht sich daher genötigt, den mittlerweile in Stuttgart lebenden Privatdetektiv Markus Cheng aufzusuchen. Wenn Schriftsteller und literarisch belesener Detektiv aufeinandertreffen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass in dem zweiten Teil zahllose Anspielungen auf die Literatur und andere Schriftsteller zu finden sind. Aber auch Kommissar Rosenblüt hat seinen ersten Auftritt, so dass der Erzähler nicht umhin kommt, seine Ähnlichkeit mit Paul Newman zu konstatieren. Interessanterweise wird Rosenblüt in „Wo die Löwen weinen“ mit Robert Redford verglichen – nun haben beide Schauspieler durchaus eine gewisse Ähnlichkeit, auffallend ist diese Veränderung aber schon. Die Charakterisierung durch den Vergleich bleibt jedoch gleich: Rosenblüt ist ein gut aussehender, blauäugiger Kommissar, der ebenso attraktiv wie intelligent und aufrichtig ist.
Die zweite größere Anspielung bezieht sich auf eine Anekdote der Filmgeschichte: In dem Roman gibt die Fernsehmoderatorin Nela Flemming an, sie habe ihren Reichtum indirekt dem britischen Schauspieler Sir Alec Guiness zu verdanken. Denn Guiness hat in einem amerikanischen Film eine Nebenrolle gespielt, auf seine Gage verzichtet und sich stattdessen an den Einspielergebnissen beteiligt. Eine sehr kluge Entscheidung – denn dieser Film war „Star Wars“. Und Nela Flemming hat sich nun ebenso an den Gewinnen beteiligen lassen, die mit ihrer Erfindung eines leitfähigen Materials erwirtschaftet werden.
Ansonsten gibt es nur wenige Anspielungen auf Filme. Sicherlich kann der Showdown auf dem Fernsehturm mit allerhand Kriminalfilmen in Verbindung gebracht werden, in denen Verfolgungsjagden in schwindelnder Höhe eine Rolle spielen, konkrete Anhaltspunkte gibt es aber nicht. Lediglich auf die Treppe in „Ein Amerikaner in Paris“ wird verwiesen – aber auch hier ist diese Anspielung nur eine Randnotiz.
In dem achten Teil der Reihe „Heinrich Steinfest und der Film“ wird es dann um den großartigen Kriminalroman „Ein dickes Fell“ gehen.