„Das große Spiel“ sollte nach Meinung der britischen Kritiker die bisher beste „Sherlock“-Folge sein – und sie war es auch. Benedict Cumberbatch und Martin Freemann sind als Sherlock Holmes und John Watson nun bestens eingespielt, die Genialität des Detektivs und der Tenor ihrer Zusammenarbeit sind bestens bekannt. Es mutete gar herzzerreißend an, wie Sherlock seinem Watson am Fenster hinterher blickt, als dieser sich auf den Weg zu Sarah macht. Und genau dieser Blick ist es, der diese Beziehung so besonders macht. Das ironische Spiel mit der Vermutung, Watson und Sherlock seien ein Paar, gibt es ja schon seit der ersten Folge. Aber mit einem solchen Blick, mit dieser Inszenierung des am Fenster stehenden Zurückbleibenden, nährt der Regisseur die Vermutung, Sherlock sei schwul – und in Watson verliebt. Dabei wartet Sherlock vordergründig nur darauf, eine törichte Einzelaktion zu starten. Aber in diesen Inszenierungen wird die oftmals doppeldeutige Erzählweise mit der Krimihandlung sehr gut zusammengeführt.
Die ersten Folgen (“Ein Fall von Pink”, “Der blinde Banker”) dienten also dazu, die Zuschauer mit dem Detektiv-Duo vertraut zu machen. Daher konnten sich Mark Gatiss und Stefen Moffat nun mehr auf die Ergebnisse der Kombinationsgabe verlagern, so dass die dritte Folge weit mehr Tempo als die ersten beiden Episoden hat. Außerdem wurden nur noch die wichtigsten Zusatzinformationen im Bild visualisiert: die Textnachrichten, der Countdown und die Opfer des Verbrechens. Dadurch entstand ein optimaler Spannungsbogen. Zumal es auch der Fall in sich hatte: Mycroft bittet seinen Bruder um Hilfe in einem Mordfall. Ein MI-6-Agent wurde tot auf einer Bahnstrecke gefunden, seither wird ein USB-Stick mit wichtigen Informationen vermisst. Obwohl Sherlock sich langweilt, lehnt er ab. Und wird schon bald in einem anderen Fall gebraucht. Ein Unbekannter fordert ihn mit einem Rätsel heraus, das er in einer bestimmten Zeit lösen muss. Gelingt es ihm nicht, wird ein unschuldiger Mensch in die Luft gesprengt. Sherlock und Watson ermitteln schnell, können Fall für Fall lösen.
Am Ende stellt sich heraus, dass Moriarty hinter diesem Spiel steht. Anfangs war ich durchaus skeptisch, ob Andrew Scott tatsächlich der „wahre“ Moriarty ist – oder sich die Drehbuchautoren hier eine weitere Wendung einfallen lassen. Immerhin wurde dieser Charakter sehr geheimnisvoll eingeführt, seine Identität dann aber sehr schnell gelüftet. Im „Guardian“ wurde diese Besetzung sogar recht ironisch mit dem Fernsehmoderator Graham Norton verglichen: „Moriarty, his arch enemy, turns out to be this Graham Nortonesquecharacter. Ooh, Sherlock, I’m so going to kill you“. Doch nun habe ich ein Interview gefunden, in dem Mark Gatiss erzählt, dass ihr Moriarty ein kompletter Psycho sein sollte. Er mache Sherlock erst zu einem Helden, weil er noch unmoralischer sei. Daher wollten sie ihn schon in der ersten Staffel als Gegenfigur etablieren. Ich bin nun jedenfalls gespannt, wie sich diese Rivalität in der zweiten Staffel weiterentwickelt. Denn in jedem Fall hat sich diese Folge mit einem großartigen Cliffhanger verabschiedet, so dass ich mich schon auf die nächste Staffel freue.
Die Motive dieser Folge stammen gleich aus einer Reihe Geschichten: „Eine Studie in Scharlachrot“ („A Study in Scarlet“), „Die Bruce-Partington-Pläne“ („The Adventure of Bruce-Partington Plans“), „Die fünf Orangenkerne“ („The Five Orange Pips“), „Das letzte Problem“ („The Final Problem“) und „Ein Skandal in Bohemia“ („A Scandal in Bohemia“) sind die Quellen, die ich ausmachen konnte. Außerdem gibt es wohl Bezüge zu den Moriarty-Büchern von John Gardner, in denen Moriarty einen Vermeer besitzt – und dem Film „Die Perle der Borgia“, der auf „Die sechs Napoleons“ basiert. Und daneben gibt es vermutlich viele weitere Bezüge, die ich nicht erkannt habe … Aber ich werde die Pause bis zur nächsten Staffel nun einfach nutzen, die Bücher noch einmal zu lesen.
Ach sooo! es gibt mehrere Quellen!!! und ich hab so viel gesucht! Danke!!!
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