In der sommerlich-leichten Komödie „Im Juli“ erzählt Fatih Akin die Geschichte des Lehramts-Referendars Daniel (Moritz Bleibtreu), der sich auf eine abenteuerliche Reise durch Europa begibt, um in Istanbul die Liebe seines Lebens zu treffen. Über den Film habe ich ja im Zeilenkino bereits etwas geschrieben und auf den gleichnamigen Roman von Selim Özdogan hingewiesen. Dort erzählt er die Geschichte noch einmal. Doch im Gegensatz zum Film, in dem Daniel im Mittelpunkt steht, stellt Selim Özdogan die zwei weiblichen Figuren – Juli und Melek – in das Zentrum der Geschichte. Dieser ungewöhnliche Weg vom Film zum Buch hat mich neugierig gemacht, so dass ich den Roman in meinem Urlaub gelesen habe.
Der Roman folgt der Chronologie des Films, erlaubt aber durch die geänderte Perspektive bessere Einsichten in Melek und vor allem in Juli. Zudem schließt er einige erzählerische Lücken des Films. So ist hier zu erfahren, warum Melek überhaupt von Hamburg und nicht von Berlin aus fliegt oder Daniel von dem Schiff in die Donau geworfen wurde. In diesen Abschnitten funktioniert das Zusammenspiel zwischen Film und Roman sehr gut, zumal der Roman nicht nur ein Wieder- sondern auch ein Weiter-Erleben des Films erlaubt.
Allerdings hat dieses Vorgehen auch Nachteile: Melek verliert mit ihrer Rätselhaftigkeit auch ihre Anziehungskraft als Figur. Sie ist nun nicht mehr nur Projektionsfläche für Daniels Sehnsüchte, dadurch wird sein Verhalten schwer nachzuvollziehen. Darüber hinaus muss Selim Özdogan einige Szenen des Films schlichtweg nacherzählen, damit die Geschichte im Buch funktioniert. Für die Leser, die den Film kennen, ist es langweilig – für die anderen Leser verlieren diese Erlebnisse ihre Wirkung und auch Bedeutung. Das wird insbesondere in der Nacherzählung von Daniels Erlebnissen während der Trennung von Juli deutlich. Daneben enthält das Buch viele Dialoge, die direkt wiedergegeben werden. Dass ist für einen Film typisch, im Roman aber ungewöhnlich und ein wenig eintönig.
Dennoch lässt sich „Im Juli“ von Selim Ödzogan insgesamt sehr leicht lesen. Im Zusammenhang mit dem Film erhält der Leser eine Komplettierung der Geschichte. Ob Roman und Film in umgekehrter Reihenfolge ebenfalls so gut harmonieren, bezweifele ich. Denn Özdogan nimmt einige Clous des Films vorweg – beispielsweise die Gründe für den Leichentransport von Isa sowie seine Beziehung mit Melek. Und er hält sich sehr eng an die Geschichte des Films, an manchen Stellen zu eng. Daher ist diese Begegnung von Film und Literatur einer der seltenen Fälle, in dem der Roman mehr Eigenständigkeit in der Interpretation gut getan hätte.