Schisser ist verschwunden! Schisser hatte mit Scuzzi die grandiose Idee, im Süden Spaniens die Stormfuckers Ranch zu gründen, eine Art Erholungsort für alte Biker, deshalb haben sie Geld gesammelt, Schisser ist auf Erkundungstour gegangen und weder er noch die 100.000 Euro sind zurückgekehrt. „Du bist Detektiv, Kristof“, hatte Charly, Präsident der Stormfuckers und damit auch meiner, festgestellt. „Also fahr runter und finde heraus, was da los ist. Und nimm Scuzzi mit. Der kann Spanisch.“ Also sind Scuzzi und Kryszinski mit einem alten Wohnmobil Schisser nachgefahren und in einer gottverlassenen Gegend gelandet, in der es außer ihnen nur noch eine Hippie-Kommune und ein Bande von Roma gibt. Für Scuzzi gleicht diese Ecke schon bald einem Paradies. Er wird in der Hippie-Kommune mit offenen Armen aufgenommen, die Frauen finden ihn unwiderstehlich und Drogen gibt es in rauen Mengen. Nur Kryszinski will sich nicht so recht einfügen, ihm ist „jegliche Zusammenballung von Aussteigern seit jeher suspekt“, außerdem will er ein Pils und erfährt deshalb schnell, wie es ist, ein Außenseiter zu sein. Außerdem entdeckt er erste Spuren auf Schissers Verbleib und dadurch wird ihm die ganze Bande noch suspekter – und schließlich deckt er eine ungeheure Geschichte auf, die einen noch lange nach Ende des Buches beschäftigt.
„Alles total groovy hier“ ist ein starkes Buch aus der Kryszinski-Reihe, wenngleich hier das Muster, dass meist die schönsten Frauen die größten Verbrecher sind, die Spannung mindert. Aber gerade aus dem Zusammenprall der verschiedenen Welten entsteht viel böser Witz, der durch die verborgene Unmenschlichkeit der Hippies im Nachklang noch fieser wird. Außerdem setzt sich hier fort, was sich bereits in „Bis zum Hals“ abzeichnete: Nachdem eine ganze Weile auf abenteuerlichste Weise ermittelt wurde, erfolgt eine Wendung ins Ernsthafte – in diesem Fall der menschenverachtende Umgang mit afrikanischen Flüchtlingen. Daneben ist Außenseitertum ist das übergeordnete Motiv dieses Kriminalromans: Die Hippies gerieren sich als Außenseiter, wenngleich sie jeden verstoßen, dessen Individualität sich nicht in ihr Kollektiv einfügt. Sie erwarten ein bestimmtes Verhalten, einige kehren nach zwei Wochen vermeintlicher Freiheit in ihr bürgerliches Leben zurück. Die Roma des benachbarten, verfallenen Dorfes kennen nur Ausgrenzung und Vertreibung, deshalb sind sie Fremden gegenüber misstrauisch und bewerfen sie mit Steinen. Und dann gibt es noch die Afrikaner, die ihr Leben riskieren, um über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Sie sind nicht nur gesellschaftliche Außenseiter, sondern ihr Leben wird behandelt als sei es weniger wert. Ihr Schicksal ist der mehr als bittere Kern dieses guten Buches.
Jörg Juretzka: Alles total groovy hier. Unionsverlag 2009.