Schlagwort-Archive: Filmfest Hamburg

Filmfest Hamburg – Tagebuch 3

Langsames WLAN und viel Arbeit tragen dazu bei, dass ich nicht so viele Filme gucke, wie ich gucken wollte, und nicht so viel blogge, wie ich bloggen wollte. Und nun ist für mich das Filmfest Hamburg schon fast vorbei, morgen geht es zu privaten Verabredungen nach Köln, dann kurz nach Berlin und am Mittwoch zur Buchmesse. Aber noch heißt es Filmfest.

Aufgefallen ist in den letzten Tagen, dass Kollegin Sophie (Filmlöwin) und ich in erstaunlich vielen Filmen zusammensaßen – sie guckt vornehmlich Filme von Frauen, ich aus Skandinavien und da gab es in diesem Jahr viele Überschneidungen. Ohnehin die Skandinavier: Die beiden Filme, die mir bisher am besten gefallen haben („Long Story Short“, „Rosita“) sind aus Dänemark, von einer Frau gedreht und haben noch keinen Verleih. Deshalb fange ich jetzt schon einmal an zu bedauern, dass das Bild des skandinavischen Kinos hierzulande einfach unvollständig bleibt, wenn es nur aus schwarzen Komödien wie „Men & Chicken“, Filmen mit Schnee und ein paar Kriegsdramen besteht.

Ansonsten habe ich bisher einige ganz gute Filme („Mustang“, „Son of Saul“) gesehen, der große Knaller war aber noch nicht dabei. Es mag daran liegen, dass ich die asiatische Sektion völlig außen vor lassen, allerdings bleibt mir dieses Jahr auch fast keine Zeit für Entdeckungen außerhalb des „Pflichtprogramms“ (zu besprechende und skandinavische Filme). Aber fünf Filme warten noch bis morgen Mittag auf mich. Vielleicht ist ja noch ein Knaller dabei.

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Filmfest Hamburg – Tagebuch 2

Eine der größten Herausforderungen bei einem Filmfest sind nicht Warteschlangen, nicht-funktionierende Ticketdrucker oder Vordrängler, sondern das Essen Wenn man am Tag – wie ich gestern schrieb – vier Filme guckt, über zwei schreibt, noch andere Arbeit erledigt und mit Kollegen plaudert, bleibt nicht viel Zeit zum Essen. In Hamburg sind die Bedingungen eigentlich gut: In der Nähe der beiden Kinos, in denen die Pressevorstellungen laufen, befinden sich Restaurants und Bäckereien (Abaton) oder ein Bahnhof (CinemaxX). Abgesehen von den beiden Kinos war ich bisher nur im Passage-Kino, auch dort gibt es Bäckereien usw. in der Nähe. Aber aufgrund der Zeit bleibt meist nur Zeit für ein Nahrungsmittel, das man mitnehmen und im Hotelzimmer oder in einer Schlange essen kann. Und da ich kein Fleisch esse, bleiben mir in der Regel Käsebrötchen – (in München entscheidend variiert durch Laugengebäck in allen erdenklichen Formen). Sie sind mit Hauptnahrungsmittel bei Filmfestivals, bei denen ich im Hotel wohne. Deshalb war mein Erschrecken groß, als ich am zweiten Tag hier in Hamburg feststellte, dass ich keine Lust auf Käsebrötchen habe. Das wird schwer in den nächsten Tagen.

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Ansonsten war mein Tag straff durchgetaktet: Vormittags blieb ich im Hotel um zu arbeiten, ab 12:30 Uhr sah ich vier Filme: „Unter dem Sand“ und „Harry Me“ werde ich für kino-zeit.de besprechen, über den sehr schönen „Long Story Short“ folgt ein separater Beitrag und daher bleibt noch „Nice People“, ein Film über ein somalisches Bandy-Team. Bandy würden wir wohl eher als Eis-Fußball bezeichnen: Es ist ein Spiel wie Eishockey nur statt Puck gibt es eine Art Fußball, außerdem sind die Schläger kürzer und ich vermute mal, dass auch die Regeln anders sind. Jedoch erzählt der Dokumentarfilm weniger über die Sportart als vielmehr von den Menschen rund um diese Idee: Der Schwede Patrik Andersson hatte die Idee, ein somalisches Team bei den Bandy-Weltmeisterschaften in Sibirien anzumelden – er wollte damit die Integration der vielen Somalier unterstützen, die in seinem Heimatort Borlange leben. Also folgt der Film seinen Bemühungen, das Team zu finanzieren, außerdem werden die somalischen Spieler immer wieder von dem Unterhaltungsduo Fredrik Wikingsson and Filip Hammar befragt. Diese Interviewsituationen vor der Kamera erinnern sehr an Castingshow-Gespräche, die die Kandidaten rund um den Auftritt führen. Ohnehin soll „Nice People“ wohl witzig sein, wird aber oft auch unfreiwillig komisch, so dass ich mich fragte, ob es wirklich ein Dokumentarfilm oder nicht eher eine Mockumentary ist (ist es nicht). Daneben gibt es plumpe Versuche, die Zuschauer mit emotionalen Geschichten zu rühren, die mich wiederum an gecastete Sendungen im Fernsehen erinnerten. Und dass die Kamera immer wieder Probleme zu fokussieren hatte, sollte vielleicht ein filmisches Mittel sein, dessen Sinn sich mir aber nicht erschloss. Alles in allem also ein Film, bei dem ich mich frage, warum er – abgesehen von der thematischen Aktualität – hier zu sehen ist.

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Filmfest Hamburg 2015 – Tagebuch 1

Auf ein Filmfest zu fahren klingt erst einmal sehr verlockend – wer will denn nicht den ganzen Tag Filme gucken? Und es ist auch tatsächlich eine sehr schöne Sache, die ich sehr genieße. Doch es gibt auch immer wieder falsche Vorstellungen von dem, was bei einem Filmfest tatsächlich abläuft. Da ich nicht privat hier bin, sondern beruflich, bedeutet es zunächst, dass ich nicht nur Filme ansehe, sondern im Schnitt über zwei Filme am Tag schreibe. Die Zeit brauche ich zusätzlich zu den sechs bis acht manchmal zehn Stunden, die ich im Kino sitze. Zwischendurch muss ich Karten für Vorstellungen holen oder zwischen den Kinos hin- und herfahren, dann muss ich noch essen und möchte mit Kolleginnen und Kollegen ein Bier trinken. Ihr ahnt längst, worauf es hinausläuft: Es sind großartige, aber auch lange Tage auf einem Filmfestival.

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Hinzu kommt, dass nicht alle Filme gut sind, manche müssen einfach durchgesessen werden. Außerdem bin ich nicht völlig frei in meinen Entscheidungen, welche Filme ich sehe. Manche muss ich sehen – weil sie einen Starttermin haben und ich sie gegen Bezahlung rezensieren kann (schließlich müssen die Unkosten für Anreise, Unterkunft und Verpflegung gedeckt werden) oder weil sie für den Filmdiskurs wichtig sind. Dadurch fallen auch Filme weg, die ich gerne sehen möchte, weil sie mich persönlich interessieren. Weiterlesen

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