Schon die ersten Bilder zeigen, dass Minna (Malin Levanon) die Kontrolle über ihr Leben verloren hat. Sie steht inmitten einer unordentlichen, fast verwahrlosten Wohnung und versucht am Telefon eine lästige Anruferin abzuwimmeln, die sie offensichtlich in ihrer Wohnung aufsuchen will. Also erzählt sie ihr, sie hätte ein Vorstellungsgespräch, während sie tatsächlich Drogen in kleine Tütchen verpackt. Es wird klar: Minna spricht mit ihrer Vermieterin, die die fällige Miete haben will. Minna verkauft nun zwar ihre Drogen auf der Straße, aber das Geld reicht nicht. Also bestiehlt sie Tonni (Kalled Mustonen), den „runner“ für den Drogendealer Christer Korsbäck (Jan Mattsson) – und in ihrer Not verdrängt sie, dass hinter Christer andere Männer stehen, mit denen sie sich besser nicht anlegen sollte. Denn die Welt der Verlorenen ist klein in Stockholm. Mit dem gestohlenen Geld will sie ihre Vermieterin nun beschwichtigen, aber sie kommt zu spät, die Wohnung wird bereits geräumt und Minna bleibt nur, ihre Katze und ein paar Sachen zu packen. Sie landet erst auf der Straße, dann in einem Obdachlosenheim und macht dort schließlich die Bekanntschaft mit Katja (Lo Kauppi), die sie überzeugt, sie mit auf einen illegalen Campingplatz zu nehmen und einen Wohnwagen zu teilen.
Peter Grönlunds „Drifters“ konzentriert sich auf das Leben von Minna und Katja, das vom Überleben bestimmt. Von der Suche nach einem Bett, nach Geld, nach einem vorübergehenden Zugehörigkeitsgefühl. Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen läuft „Drifters“ niemals Gefahr, die Drogensucht oder dieses Leben zu glorifizieren, zu verharmlosen oder zu verdammen. Es ist kein „Snabba Cash“, der den Blick auf das große Ganze lenkt, sondern mit nahezu dokumentarischen Gestus von dem Leben Süchtiger erzählt. Daher geht es hier nicht Macht und Kartelle, sondern um die vorübergehende Ablenkung vom Alltag, die kurze Flucht vor Sorgen und Einsamkeit, liefert der Film keine psychedelische Bilder von Drogentrips, sondern ein Porträt der Menschen, die ihre Sucht nicht aufgeben können und wollen und deshalb auch in Schweden außerhalb des sozialen Rasters bleiben. Denn es wird zwar sehr deutlich, dass es Hilfsangebote, Unterkünfte, Beratungen und Therapieangebote gibt, aber der Entzug ist die Bedingung, die Minna nicht erfüllt.
In Minna und Katja zeigen sich im Prinzip zwei Wege in die Sucht: Minna hatte nie ein Zuhause, sie ist in Heimen großgeworden, hat ADHS und schlägt sich seit jeher irgendwie durch. Katja hatte einst eine Wohnung, einen Beruf, ein Kind und ein Mann. Dann fiel alles auseinander, sie begann zu trinken und nun droht ihr, dass sie ihren Sohn endgültig an die Fürsorge verliert. Zwischen diesen Frauen entsteht eine Freundschaft, die ihnen hilft und zumindest vorübergehend Halt gibt. Aber der Druck der äußeren Bedingungen scheint gelegentlich zu groß zu sein – und außerdem sind sie labil, sie sind süchtig.
Exzellent gespielt überzeugt „Drifters“ darüber hinaus insbesondere durch seine Authentizität. Regisseur und Drehbuchautor Peter Grönlund hat für ein Straßenmagazin gearbeitet und diese Erfahrung merkt man dem Film an. Bei aller Realitätsnähe, bei aller Härte finden sich zudem humorvolle und warme Momente in diesem Film, der sehr ruhig und unscheinbar beginnt, sich aber fraglos ins Gedächtnis drängt. Denn er erzählt wie „Eat Sleep Die“ von einem Schweden, das hierzulande nur sehr selten im Kino zu sehen ist.