Nazi-Werwölfe sind noch die geringste Überraschung in der dritten Staffel von „True Blood“, die derzeit auf RTLII ausgestrahlt wird und bereits auf DVD erhältlich sind. Tatsächlich enthält die dritte Staffel eine Vielzahl neuer schillernder Charaktere, mehr Blut und mehr Sex. Damit führt Serienschöpfer Alan Ball das Erfolgsrezept von True Blood weiter, doch allmählich scheint jene originale Mischung aus Soap Opera und gesellschaftlicher Reflexion aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Die erste Folge der dritten Staffel knüpft nahtlos am Ende der zweiten Staffel an. Bill (Stephen Moyer) wurde kurz nach seinem Heiratsantrag entführt und Sookie (Anna Paquin) beginnt sofort mit der Suche nach ihm. Hilfesuchend wendet sie sich an Eric (Alexander Skarsgard). Schnell stellt sich heraus, dass Bill von Werwölfen entführt wurden, die wiederum im Auftrag von Russell Edginton (virtuos gespielt von Dennis O’Hare), dem Vampirkönig von Mississippi, handelten. Dennoch will Sookie Bill befreien, weshalb Eric ihr den Werwolf Alcide (Joe Manganiello) an die Seite stellt. Die anderen Bewohner von Bon Temps haben hingegen mit den Folgen der zweiten Staffel zu kämpfen: Tara (Rutina Wesley) trauert um Eggs (Mehcad Brooks) und will sich das Leben nehmen, Jason (Ryan Kwanten) leidet unter seinen Schuldgefühlen, während Andy (Chris Bauer) für seine vermeintliche Heldentat gefeiert wird, und Sam begibt sich auf die Suche nach seinen leiblichen Eltern.
Zu viele Handlungsstränge und neue Figuren
Dadurch werden in den ersten Folgen zahllose Handlungsstränge begonnen. Doch im Gegensatz zu den vorhergehenden Staffeln gelingt es dieses Mal nicht, alle Handlungen zufriedenstellend zusammenzuführen. Sie verlaufen nebeneinander und sind auch unterschiedlich interessant. Beispielsweise ist der Plot um Sam und seine leiblichen Eltern überflüssig, zumal er am Ende eine unglaubwürdige Wendung nimmt, die weitaus weitaus sorgfältiger hätte eingeführt werden müssen. Auch die vielen neuen Figuren sind teilweise problematisch, da ihnen zu wenig Zeit gewidmet wird. Dabei hätten insbesondere starke Charaktere wie beispielsweise Alcide mehr Aufmerksamkeit verdient. Sicherlich hängt die Einführung der zahlreichen neuen Figuren größtenteils mit der Erweiterung des Handlungsortes zusammen. Aber vielleicht ist es dann auch an der Zeit, einige Figuren aus Bon Temps und insbesondere dem Merlotte‘s hinter sich zu lassen. So sind Sam, Arlene und auch Tara sind so gut wie auserzählte Charaktere.
Gute Entscheidungen: Bessere Geschichten für Eric, Lafayette und Pam
Nichtsdestotrotz bietet „True Blood“ weiterhin gute Unterhaltung, zumal es die Vielzahl der Geschichten auch mit sich bringt, dass die langweiligen Storys nicht ausufernd erzählt werden. Auch das langsame Erzähltempo und die nicht ganz so gelungenen Cliffhanger fallen beim Schauen auf DVD weniger ins Gewicht. Vor allem ist aber erfreulich, dass charismatische Charaktere wie Eric (Alexander Skarsgard) und Lafayette (Nelsan Ellis) stärkere Geschichte erhalten haben. Auch Pams Beförderung in den Hauptcast ist eine gute Entscheidung, zumal ihr die Drehbuchautoren einige der besten Dialogzeilen geschrieben haben. Das Potential der Geschichte um Jessica und Hoyt ist ebenfalls noch nicht erschöpft
Opulenz und Sex – Die dritte Staffel von „True Blood“
Begrüßenswert ist darüber hinaus, dass die Liebesbeziehung zwischen Sookie und Bill stärker in den Hintergrund rückt. Zwar haben sie weiterhin gute Szenen – beispielsweise wenn Sookie Bill nachahmt – und einige gute Sätze, aber es zeigt sich immer mehr, dass sich der Fokus der Serie verändert. Die dritte Staffel setzt auf Opulenz, viel Sex und Blut – und weniger Gesellschaftskritik. Das ist nett anzusehen, aber in der vierten Staffel hoffe ich dennoch auf eine stärkere Gewichtung der gesellschaftlichen Aspekte. Es deutet sich ja bereits an, dass es innerhalb der Vampirorganisation – die sich merkwürdiger Weisen an die innerstaatlichen Grenzen der USA zu halten scheint – zu Problemen und Machtkämpfen kommt. Dann wird es vielleicht auch ein Wiedersehen mit Russell Edgington geben. Denn diese Figur ist zu gut, als dass sie einfach in der Versenkung verschwinden darf. Und solange es in dieser Serie weiterhin Sätze gibt wie „I can protect you. Or have passionate primal sex with you. How about both?“ werde auch ich weitergucken!