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Krimi-Kritik: „Gottes Zorn“ von Olle Lönnaeus

(c) Rowohlt

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Mitten in der Nacht erhält der betrunkene Joel Lindgren einen Anruf von seinem Vater Mårten, zu dem er seit Jahrzehnten kein Kontakt mehr hat. Nun stammelt er nur „Komm her. Es ist eilig. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit …“ ins Telefon. Widerwillig macht sich Joel auf den Weg, kämpft sich durch einen Schneesturm, legt sich fast mit einem Wildschwein an und kommt schließlich am Haus des Vaters an. Doch seine unterdrückten Befürchtungen werden bestätigt: Sein Vater hängt tot von der Decke im Wohnzimmer. Joel fällt in Ohnmacht – und als er wieder aufwacht, kommt die Erinnerung: „Er hatte die Leiche berührt, daran erinnerte er sich. Voller Grauen war er darauf zugegangen und hatte seine Finger auf eine herabhängende Hand gelegt. Sie war kalt, genau wie er es vermutet hatte. So viel wusste Joel über Tote: Man sieht innerhalb eines Augenblicks, ob es bereits zu spät ist.“

Ansonsten weiß Joel aber nicht allzu viel – weder über sich selbst noch über seinen Vater. Im Alter von 18 Jahren hat er seinen Heimatort verlassen und für ein Jahr bei einer Sekte gelebt, in der er Halt und vermeintliche Orientierung fand. Schließlich fühlte er sich dort beengt, verließ die Sekte und traf eine Frau, aber die Ehe scheitere, weil er keine Kinder wollte. Durch den Tod des Vaters wird er nun mit seinen diffusen Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend konfrontiert, die vor allem von seinem gewalttätigen Vater und dem Weggang der Mutter bestimmt sind. Als er jedoch beginnt, im Leben seines Vaters herumzuwühlen und mit Menschen zu sprechen, die seinen Vater besser kanten, geraten diese Erinnerungen ins Wanken. Allmählich erkennt er, dass er trügerischen Wahrnehmungen unterlegen war.

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