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Über „Der Tausch“ von Julie Clark

„Sie ist eine Frau, die weiß, wie leicht ein Fünfzigtausend-Dollar-Teppich die Haut ihrer Wangen zerfetzen kann.“ Mit diesem Satz weiß man schon eine ganze Menge über Claire: Sie lebt in einem reichen Umfeld und wird offenbar misshandelt. Tatsächlich ist Claire mit einem kommenden US-Senator Rory Cook verheiratet, der Sprösslings einer „Politikerdynastie, die gleich nach den Kennedys kommt“. Aber hinter der glamourösen Fassade steckt ein kontrollsüchtiger Mann, der seine Ehefrau schlägt. Also will Claire dieses Leben hinter sich lassen, aber sie weiß, sie kann sich nicht einfach scheiden lassen. Stattdessen bereitet sie ihr Verschwinden minutiös vor, doch der sorgsam ausgearbeitete Plan geht in letzter Sekunde schief. Vielleicht ergreift sie deshalb die Gelegenheit, die sich ihr am Flughafen bietet: Sie trifft dort eine andere Frau, ähnlich verzweifelt wie sie – und Eva bietet ihr an, einfach die Tickets zu tauschen. Eva würde unter Claires Namen nach Puerto Rico reisen, Claire mit Evas Ticket nach San Francisco. Ein erster Schritt in ein neues Leben für beide Frauen. Tatsächlich sie sich auf diesen titelgebenden Tausch – aber Claire ahnt nicht, worauf sie sich eingelassen hat.

(c) Heyne

Insbesondere am Anfang ist „Der Tausch“ clever erzählt: Der Roman beginnt mit einem Prolog, in dem Eva aus Ich-Perspektive erzählt, wie sie am Flughafen steht und auf eine bestimmte Frau wartet. Danach springt die Handlung einen Tag zurück zu Claire, die ebenfalls aus Ich-Perspektive aus ihrem Leben und den Vorbereitungen zu ihrer Flucht erzählt. Im Folgenden dann wird Claire diese Perspektive beibehalten, unterbrochen von Kapiteln zu Eva, nun aber aus personaler Perspektive und weiter in der Vergangenheit spielend. Dadurch bewegen sich diese Kapitel zeitlich aufeinander zu, während Claire in der Erzählgegenwart versucht, einen Weg zu finden, ohne Ausweispapiere ein neues Leben zu beginnen, wird nach und nach Evas Vergangenheit erzählt. Dadurch steuern diese Kapitel auf den Moment zu, in dem sich ihre Wege kreuzen – das ganze Buch erzählt weit weniger von den Folgen des Tausches als von den Ereignissen davor.

Durch die Erzählperspektiven bleibt man stets näher bei Claire. Weiterlesen

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