Rezeption von “Ein einsamer Ort”

Die Neu-Übersetzung (Übersetzung: Gregor Runge) von Dorothy B. Hughes „Ein einsamer Ort“ lenkt nun erfreulicherweise Aufmerksamkeit auf diese von mir sehr geschätzte Autorin und deshalb verfolge ich die Rezeption aufmerksam – und dachte mir, ich könnte meine Gedanken dazu einfach mal aufschreiben.

Überrascht habe ich an verschiedenen Orten gelesen, sie ‚stelle hardboiled-Konventionen auf den Kopf‘ (so oder ähnlich formuliert). Das mag aus heutiger Sicht so anmuten und ich verstehe auch, was damit gesagt werden soll, aber: Dorothy B. Hughes hat die meisten ihrer Kriminalroman in den 1940er Jahren geschrieben, „In a lonely place“ erschien 1947 – sie stellt diese Konventionen nicht auf den Kopf, sondern das, was wir als hardboiled-Konventionen sehen, ist viel zu eng gefasst, weil diese Konventionen eben nicht die Bücher von Hughes und anderen Autorinnen mit einbezogen haben. Stattdessen wurden diese Erzählkonventionen vor allem aus den Werken von Chandler und Hammett – meist unter Nicht-Berücksichtigung einiger Unterschiede – und vielleicht noch von Cain abgeleitet. Durch die Formulierung , Hughes stelle etwas auf Kopf, wird diese historische Engfassung bestätigt, sie sollte aber meines Erachten korrigiert werden. Deshalb passt es schon eher, Dix Steele als Gegenstück zu Philip Marlowe zu sehen (wie Fritz Göttler in der SZ schreibt).

Interessant sind auch andere Positionierungen. In der Würdigung in der FAZ war zu lesen, dieser Kriminalroman spiele in einer Liga mit Hammett, Chandler und Cain – dieses Buch wohlgemerkt, nicht die Autorin selbst. Aber auch das reduziert Hughes auf dieses eine Buch und übersieht andere gute Werke von ihr. (Über zwei rede ich in der Folge zu Hughes in meinem Podcast.)

Sylvia Staude freut sich in der FR über diese Wiederentdeckung – und merkt auch an, dass Hughes Name nicht fällt, wenn vom amerikanischen Noir die Rede ist, obwohl sie zu Lebzeiten durchaus erfolgreich war. Und Eva Sager bezeichnet Hughes als “Pionierin des amerikanischen Noirs”. Und die Überschrift führt bei Hans-Peter Eggenbergers Würdigung in die Irre: dort steht, es sei der erste Serienmörder-Roman, im Text aber wird das relativ zu einer der ersten.

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