Poe in Baltimore – Über „The Raven“

(c) Universum Film

„Anscheinend sind meine eigenen Werke zur Inspiration für einen Mörder geworden!“, muss Edgar Allen Poe (John Cusack) feststellen. Nach Baltimore zurückgekehrt, um endlich die wunderschöne Emily (Alice Eve) zu heiraten, deren Vater ihn hasst, ist mit ihm ein Serienmörder in die Stadt gekommen, der die Methoden seiner Werke mit seinen Taten kopiert. Schnell hat der findige Inspektor Fields (Luke Evans) diese Parallele entdeckt, ermittelt erst gegen und zügig mit Poe. Gemeinsam begeben sie sich auf eine Verbrecherjagd, bei der Poes Werke lediglich Anreize für blutige Tatorte geben. Denn „The Raven“ ist weder ein meta-literarisches Spiel mit Poes Werken noch ein fiktives Biopic des Meisters des Schreckens. Aber der Film vermag dank eines ansehnlichen Produktionsdesigns und einiger Spannung durchaus zu unterhalten.

Am Tatort (c) Universum Film

Auch die Ausgangsidee des Films überzeugt: Die Drehbuchautoren Ben Livingston und Hannah Shakespeare verbinden die wohl bekanntesten Werke des Autors mit seinem mysteriösen Ableben als Basis für ihren Thriller. Allerdings verharren sie hier an der Oberfläche, so dass es lediglich einige lapidare Verweise auf Poes Werk und Leben gibt. Lediglich die mysteriösen Umstände seines Ablebens werden aufgegriffen. Angeblich wurde Poe in einem verwirrten Zustand auf den Straßen von Baltimore gefunden und dann ins Krankenhaus gebracht. Poe selbst konnte keine stimmigen Angaben mehr dazu machen, wie es dazu kam. Diese Lücke in der Biographie füllen die Drehbuchautoren mit dem Krimi-Plot, so dass insgesamt in der Verknüpfung von Poe, dem berühmten „Raben“ sowie anderer Werke und der Kriminalhandlung vor allem eine Marketing-Idee zu sehen ist.

Inspektor Fields (Luke Evans) mit Poe (John Cusack) (c) Universum Film

Mit John Cusack in der Hauptrolle ist „The Raven“ namhaft besetzt, allerdings übertreibt er es in Gestik, Mimik und Sprache. Deshalb wirkt sein Auftreten und Verhalten oftmals gekünstelt, so als sei sein ganzes Leben eine Inszenierung. Auch seine Liaison mit Emily Hamilton (Alice Eve) dient eher dazu, die Schicksalsschläge seines bisherigen Daseins zu konterkarieren. Mit Luke Evans steht ihm ein solider Schauspieler zur Seite, der seine blasse Rolle mit viel Leben füllt.

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Zum Spannungsaufbau sollen Rätsel dienen, die der Mörder an den Tatorten hinterlässt. Leider lösen Poe und Inspektor Fields diese allzu schnell. Daher hätte es dem Film gut getan, wenn ein sichtbarer Gegenspieler die Spannung vorantreiben würde. Aber es ist unterhaltsam, den Hauptdarstellern bei der Mörderjagd durch die düsteren Kulissen zuzusehen. Hier ist deutlich zu erkennen, dass der James McTeigues Film hochwertig produziert wurde. Daher ist „The Raven“ insgesamt ein solider Film, der immerhin Lust darauf macht, das ein oder andere Buch von Edgar Allen Poe noch einmal zu lesen.

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