Spione reloaded – Steven Soderberghs „Black Bag“

Steven Soderbergh hat einen Spionagefilm gemacht: George Woodhouse (Michael Fassbender) muss einen Verräter in den eigenen Reihen suchen. Es gibt fünf Verdächtige, sie bekommen die Codenamen “Tinker Tailor …”, nein, natürlich nicht! Aber die Referenzen an die George(!)-Smiley-Romane von John le Carré sind offensichtlich: Es gibt fünf Verdächtige, eine ist Georges Ehefrau Kathryn St. Jean (Cate Blanchett). Deshalb kommt George auf die Idee, alle zu sich nach Hause einzuladen, Drogen unter das Essen zu mischen und mit ihnen ein Psychospielchen anzufangen. Seine Ehefrau warnt er vor, sie lässt das Masala liegen und bleibt daher unbeeindruckt von den Drogen.

Fünf Verdächtige, eine Hauptfigur, die seiner wunderschönen Ehefrau recht hoffnungslos ergeben ist, das ist sehr le Carré – neu ist, dass die Ehefrau hier mehr tun darf als Affären zu haben. Auch sie arbeitet für den Geheimdienst, offenbar sogar an höherer Stelle als ihr Ehemann. Und auch die anderen Verdächtigen sind privat miteinander verbandelt, so dass es einige amüsante Dialoge darüber gibt, wie schwierig eine Beziehung zwischen Geheimdienstmitarbeitern ist. Denn im Zweifelsfall ist alles “Black Bag” – also etwas, worüber man nicht reden darf. (Und vermutlich ist es auch kein Zufall, dass die Ausgangssituation auch an „Who’s afraid of Virgina Woolf“ erinnert.)

Soderberghs Film nach einem Drehbuch von David Koepp richtet sich offensichtlich an ein erwachsenes Publikum: Er erklärt nicht lang und breit, dass es um den britischen Geheimdienst geht oder wer da welche Funktion hat. Vielmehr vertraut er darauf, dass seine Zuschauer es wissen oder aus den Zusammenhängen erschließen können. Die Handlung wird nicht permanent nochmals zusammengefasst, nicht jedes Detail wird erklärt. Sie lässt sich ohnehin sehr knapp umreißen mit: alle glauben, dass dass eine Software mit Massenvernichtungswaffenausmaß an die Russen verkauft wurde. Aber die Handlung ist in diesem mit 93 Minuten wohltuend knackigen Film eh zweitrangig: Mit einiger Spionageerfahrung ist schnell klar, worauf es hinauslaufen wird. Stattdessen aber kann man sich sehr an den Bezügen zu Le Carrré, Len Deighton und Co. erfreuen. Dieser Film ist sich sehr bewusst, dass er sich innerhalb eines Bezugsrahmens bewegt – und macht daraus ein recht unterhaltsames Spiel.

Seine größte Schwäche liegt für mich in der Beziehung zwischen George und Kathryn. Man muss glauben, dass zwischen ihne die große Liebe herrscht, die ihnen von allen zugeschrieben wird. Ich hatte damit so meine Probleme – und das lag überraschenderweise an der Besetzung. Michael Fassbender passt gut in die Rolle das langweiligen Bürokraten. Er trägt wirklich sehr nachdrücklich eine langweilige Frisur sowie Klamotten. Seine Hornbrille allein erinnert sofort an Michael Caines Harry Palmer oder auch eine jüngere Version der George Smileys von Alec Guiness resp. Gary Oldman denken. Jedoch vermag er es kaum, Zuneigung auszudrücken. Cate Blanchett darf etwas glamouröser sein – sie ist ja schließlich die schillernde Verdächtige -, aber ich hatte sehr früh den Gedanken, dass sie ihren Kopf ständig so seltsam bewegt als sei sie es nicht gewohnt, lange Haare zu haben. Und nachdem ich es einmal gesehen hatte, konnte ich es nicht nicht mehr sehen. Es gibt nicht viel Knistern wischen ihnen – und auch nichts anderes, was zwischen Ehepaaren herrscht, die einander so treu, so loyal und in so großer Liebe zugetan sein sollen wie diese hier.

Nimmt man ihnen diese Liebe ab, dann gefällt einem der Film sicherlich besser als mir. Aber ich habe den Film dennoch gerne gesehen. Alleine schon, weil ich es gut finde, dass Soderbergh weiterhin Filme macht, die ihrem Publikum etwas zutrauen. In einem Interview hat er sich darüber beklagt, dass die Kino-Einnahmen zu gering sind und es damit andere Filmemacher mit solchen Filmen noch schwerer haben werden als ohnehin schon. Das passt in die momentane Kinolandschaft – stimmt mich aber ungemein traurig. Denn ich gehe gerne für Filme ins Kino, die mich als Zuschauerin ernst nehmen.

Diesen Beitrag teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert