Lasse Hallströms Verfilmung von „Lachfischen im Jemen“ ist eine gute romantische Komödie, die die üblichen Klischees weitgehend vermeidet und mit spritzigen Dialogen sowie überzeugenden Darstellern sehr gut unterhält. Aber eine Frage drängt sich dennoch auf: Wie wurde aus Paul Tordays satirischem Roman eine Liebesgeschichte?
Die Ausgangssituation ist in Buch und Film identisch: Der Scheich Muhammad ibn Zaidi bani Tihama will in seiner jemenitischen Heimat Lachsfische ansiedeln. Mit Hilfe der Engländerin Harriet Chetwode-Talbot (gespielt von Emily Blunt) nimmt er Kontakt zu dem britischen Fischerei-Experten Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor) auf, der anfangs angesichts der Absurdität des Vorhabens entgeistert abwinkt. Auf politischen Druck des PR-Beraters Peter Maxwell (im Film eine Frau, gespielt von Kristin Scott Thomas) des britischen Premierministers muss sich Alfred auf das Projekt einlassen – und entwickelt eine ungeahnte Begeisterung.
Eine politische Satire von Paul Torday
Im Roman wird von dem Projekt aus verschiedenen Perspektiven erzählt: Auszüge aus dem Tagebuch von Dr. Alfred Jones, aus Machbarkeitsstudien und Befragungsprotokollen aller Beteiligten, E-Mails und Briefen vermitteln einen vielschichtiges Bild über ein aberwitziges Vorhaben, das letztendlich sogar zu einem Untersuchungsausschuss führte. Exemplarisch wird an dem Jemen-Projekt deutlich, welche Interessen hinter einem solchen Vorhaben stehen können und welche Folgen es haben kann. Dabei ist es gerade der groteske Aberwitz und die Persiflage der politischen und medialen Eitelkeiten, der beim Lesen sehr viel Vergnügen bereitet.
Auch im Buch sind es in erster Linie Alfred und Harriet, die Identifikationspotential bieten. Die Auszüge aus Alfreds Tagebuch und Harriets Briefen erlauben Inneneinsichten in ihre Figuren, darüber hinaus vermitteln sie Einblicke in ihr Privatleben. Außerdem durchlaufen sie die größte persönliche Entwicklung, während andere Figuren eher Karikaturen bleiben. Dennoch ist „Lachsfischen im Jemen“ kein Roman über eine Liebe, sondern eine vergnügliche Satire auf den Politbetrieb und die Mechanismen der Öffentlichkeit.
Veränderungen mit Folgen
Im Film wird der Schwerpunkt der Geschichte nun verschoben. Deutlich wird diese Veränderung zum Beispiel an den Folgen des Attentats auf den Scheich in England. In Paul Tordays Buch folgt nach dem misslungenen Anschlag eine Debatte im britischen Unterhaus, die anhand des Hansard-Parlamentsprotokolls wiedergegeben wird. Selbstverständlich hat ein Anschlag auf einen Scheich in England auch politische Folgen – wenngleich er lediglich durch ein Provinzblatt aufgedeckt wurde. Im Film dient dieser Vorfall als Anlass für eine „ich habe Ihnen mein Leben zu verdanken”-Episode, die dann beim leider unnötig kitschigen Ende wieder aufgegriffen wird. Auch wird im Film die Beteiligung von al-Qaida nicht benannt.
In den meisten Fällen wird bei der Adaption eines Romans in einen Film die Geschichte reduziert. Doch selbst innerhalb der Liebesgeschichte von Harriet und Alfred werden im Drehbuch von Simon Beaufoy unbequeme Stellen geglättet. Im Roman wird Alfred vom Fischereiamt entlassen, damit die britische Regierung nicht mehr offiziell mit dem Jemen-Projekt in Verbindung gebracht werden kann. Seien Ehefrau Mary ist eine unsympathische, verbitterte Karrieristin, und Alfred will sehr lange nicht erkennen, dass seine Ehe gescheitert ist. Auch Harriets Verlobung mit dem Soldaten Robert ist im Roman – im Gegensatz zum Film – nicht nur ein Hindernisgrund für eine Affäre mit Alfred, sondern ist ein Teil der Kritik an der Politik: Robert ist nicht in Afghanistan verschollen, sondern hat offiziell an einer geheimen Mission im Irak teilgenommen. Tatsächlich war er aber an einem inoffiziellen Einsatz im Iran beteiligt, als das IIGF (Einsatzkommando West) seine genaue Position verloren hat. Nun wurden die Soldaten für vermisst erklärt, damit über diesen Einsatz nichts bekannt wird. Harriet erfährt davon lediglich von einem Freund von Robert, der von ihr verlangt, sie solle es durch eine Anfrage an ihren Abgeordneten und den Einfluss ihres Vaters (sowie Roberts Vater) öffentlich machen, damit Robert eine Überlebenschance hat. Dadurch wird abermals das Verhältnis von Politik und Öffentlichkeit, aber auch des Einflusses von Interessen deutlich gemacht.
Ein guter Film – eine harmlose Literaturverfilmung
Vor allem spielt der Glaube an das Unmögliche in dem Buch eine andere Rolle, daher finden bei Paul Torday letztlich auch alle eher zu sich selbst als zueinander. Als Literaturverfilmung ist „Lachsfischen im Jemen“ daher eine harmlose Variante einer bissigen und skurrilen Geschichte, bei der der Zuschauer vor allem nicht aus seiner Wohlgefühl-Zone herausgezogen werden soll. Dennoch funktioniert Lasse Hallströms Film vor allem für Zuschauer, die den Roman nicht kennen, wunderbar. Denn er bleibt eine gut erzählte, warmherzige Komödie mit guten Darstellern. (Meine ausführliche Kritik des Films ist bei spielfilm.de zu lesen)