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Krimi-Kritik: „Schwarzes Gold“ von Dominique Manotti

Auf dem Filmfest München lief im vorigen Jahr „La French“ (mittlerweile unter „Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille“ auch auf DVD erschienen), in dem Jean Dujardin die „French Connection“ bekämpft, mittels der Heroin über Marseille in die USA geschmuggelt wird. Ich habe mir dann – gewissermaßen als Fortsetzung – noch einmal „French Connection“ von William Friedkin angesehen, der zwar rund 14 Jahre Jahre älter, aber spannender ist. Und zufällig waren diese Filme die perfekte Vorbereitung für „Schwarzes Gold“ von Dominique Manotti.

(c) Ariadne

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Ausnahmsweise beginne ich mal mit einem Wort zum Cover. Fast bin ich geneigt zu glauben, die grundsätzlich schwarze Covergestaltung der Ariadne Kriminalromanreihe habe nur auf diesen Buchtitel gewartet. Ein schwarzer Fleck auf dem schwarzen Hintergrund, der Autorinnenname wie immer weiß, der Titel dann orange-gold und hinzu kommt ein gleichfarbiges Lesebändchen. Sehr schön – und ebenso makellos schlicht wie das Äußere des Buches ist, geht es im Inneren weiter.

Mit „Schwarzes Gold“ geht Dominique Manotti im Marseille des Jahres 1973 an den Anfang der Karriere von Commissaire Théodore Daquin, um von den Anfängen einer kriminellen Verbindung zu erzählen, die noch heute Bestand hat. Dabei nutzt sie die Ereignisse um die „French Connection“ als Ausgangspunkt, um nicht über Drogen, sondern über Erdöl zu erzählen.

Trotz der kurzfristigen Ermittlungserfolge gegen den Drogenhandel wird alles in Marseille weiterhin von den alten Seilschaften aus korsischer Mafia, Marseiller Gangstern, korrupter Polizisten und Politiker bis in die höchsten Kreise bestimmt. In diesem Geflecht aus Geschäftsverbindungen, Feind- und Freundschaften ist der Pariser Daquin ein Außenseiter, der sogleich die Auswirkungen zu spüren bekommt. Sein erster Fall – tödliche Schüsse auf zwei Passanten – wird von dem zuständigen Ermittlungsrichter als Folge eines Bandenkrieges abgetan. „Wenn die Banditen sich gegenseitig umbringen wie in dem Fall, über den wir sprechen, schert die anständigen Leute das wenig. Sie fühlen sich nicht bedroht“. Also soll er lediglich die Identität der Opfer herausfinden, damit die Polizei den Bandenkrieg weiter nachvollziehen kann. Weiterlesen

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Krimi-Kritik: „Abpfiff“ von Dominique Manotti

„Die erste Salve erwischt den Mann und die Frau von hinten, die Körper stürzen auf den menschenleeren Platz vor dem Einkaufszentrum.“ Mit diesem Satz beginnt Dominique Manottis grandioser Kriminalroman „Abpfiff“. Nach zwei Seiten steht fest, dass einer der Toten ein Polizist ist. Nach sechs Seiten sind die Täter überführt. Und nach 230 Seiten habe ich mehr über Drogenhandel, Geldwäsche, Korruption, Schwarzarbeit, Profifußball und, ach ja, einen Doppelmord erfahren als in manchen Büchern auf 500 oder 800 Seiten. Denn Dominique Manotti braucht keine Schnörkel, keine seitenlangen Ausführungen über politische Zustände oder die Seelenlage ihre Figuren. Ihr reicht ein kurzes sexuelles Intermezzo von Commissaire Daquin, um dessen Innenleben deutlich zu machen. Oder ein Moment des Aufwachens seines Kollegen im Kreis der Familie, um dessen Seelenzustand zu zeigen.

(c) Ariadne

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Schon immer hat Dominique Manotti eine klare Prosa geschrieben, aber in „Abpfiff“ sind ihre Sätze präziser und schnörkelloser als jemals zuvor. Sie spiegeln den Willen Daquins wider, diesen Fall unbedingt aufzuklären, das Adrenalin, das sein Körper antreibt – und die Anspannung, unter der alle Beteiligten stehen. Manottis Ermittler wollen das Richtige, akzeptieren aber, dass sie es nicht immer bekommen. Ihre Figuren werden von ihrem Ehrgeiz bis zur Impotenz getrieben, daneben wird viel Espresso gekocht, der der Ermittlungsarbeit dient und fast symbolisch die kurze, prägnante Arbeitsweise zusammenfasst, mit der die Drogenfahnder vorgehen. Aber Manotti braucht keine Symbole, denn sie hat diese Sprache, diesen Stil, diese Sätze, die einen unerbittlich voranjagen. „Apfiff” ist ein bitterer, scharfsinniger Rausch, in dem nur kurze Stelldichein mit Daquins Geliebten für einen Moment der eruptiven Ruhe sorgen.

Die oben zitierte Ermordung von Daquins Lieblingskollegen Romero ist nämlich nur der Ausgangspunkt dieses Romans. Er wurde zusammen mit einer jungen Frau erschossen, die die Schwester des Platzwarts vom FC Lisle-sur-Seine ist, einem Club am Rand eines Banlieue, der gerade auf dem Weg zur französischen Meisterschaft ist. Zu verdanken hat der Club seinen Aufstieg dem ruchlosen Ehrgeiz des Präsidenten Monsieur Reynaud, zugleich Bürgermeisters des Orts und Bauunternehmer. Nach und nach enthüllen sich immer mehr schmutzige Verbindungen und Machenschaften, die nur Romantiker verschrecken, die immer noch glauben, es gebe kein Doping im Fußball und eigentlich seien dort elf Freunde auf dem Platz, die nur ein wenig kicken wollen. Dennoch würde ich „Abpfiff“ zu gerne das Etikett „Fußball-Krimi“ aufdrücken, wohlwissend, dass noch kürzer greift als Etiketten ohnehin. Aber vielleicht lesen diesen fantastischen Kriminalroman dann einige der Fußballfans da draußen oder bekommen ihn geschenkt. Das wäre großartig, denn dieses Buch ist eindeutig einer der Krimi-Höhepunkte des Jahres.

Dominique Manotti: Abpfiff. Übersetzt von Andrea Stephani. Ariadne 2015.

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