Es gibt Autor*innen, von denen lese ich alles. Liza Cody ist eine von ihnen und ihr neuestes Buch „Milch oder Blut“ entpuppt sich als ein irrer Trip: Seema Dahami ist Ende 20, atheistische, vegetarische Jüdin und Gärtnerin in London. Sie lebt mit ihrer besten Freundin Amy in einer Wohnung, hat eine eher langweilige Beziehung mit Jake und ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter. Eines Abends begegnet sie einem gutaussehenden, geheimnisvollen, älteren Herrn namens Lazaro und gerät unversehens in seinen Bann. Er ist anders, er scheint sie genau zu kennen, ja, regelrecht zu erkennen, und endlich zu entfachen, was in ihr steckt. Kurzum: er ist ein gefährliches Abenteuer, in das sie sich kopfüber stürzt. Schon nach dem ersten Treffen nimmt Seema Veränderungen an sich wahr, die auch ihrem Umfeld – insbesondere ihrer mütterlichen Freundin Hannah – nicht verborgen bleiben. Vor allem aber sehnt sie sich danach Lazaro wiederzusehen, denn sie wie mit ihm hat sie sich noch nie gefühlt. Deshalb kann sie auch über die blutigen Stellen an ihrem Hals hinwegsehen.
„Milch oder Blut“ ist mehr Gothic- als Crime-Story, wenngleich es zu einem Mord kommen wird. Aber Kern dieses Buchs ist die Geschichte einer jungen Frau, die in den Bann eines gefährlichen Mannes gerät, bei dem nicht nur Seema an einen Vampir denken muss. Diese Passagen des Kennenlernens, Zusammenseins und vor allem der Sehnsucht in einem hinreißend romantischen Ton (von Cody und in der Übersetzung von Martin Grundmann) gehalten, der niemals übertreibt, aber auch nicht herablassend ist. Dazu stellt Cody ihnen eine ordentliche Dosis Rationalität entgegen. Ja, Seema gerät in den Bann dieses Mannes, aber für seine mysteriöses Verhalten findet insbesondere Hannah sehr vernünftige Erklärungen. Dadurch wird vor allem deutlich, wie bereit Seema ist, der weniger wahrscheinlichen, der geheimnisvolleren und romantischeren Deutung zu folgen. Weiterlesen