Schlagwort-Archive: Verrat

Über „Der Anruf“ von Olen Steinhauer

Ein Mann und eine Frau treffen sich in einem Restaurant. Vor Jahren waren sie ein Paar. Er wollte damals mit ihr zusammenziehen, sie hat ihn verlassen. Die reduzierte Ausgangssituation in Olen Steinhauers „Der Anruf“ klingt nach einem Liebesroman. Doch Henry und Celia haben einst als CIA-Agenten in Wien gearbeitet. Damals kam es zu einer Geiselnahme auf dem Wiener Flughafen, bei der alle Insassen der entführten Maschine starben. Seither wird vermutet, dass es damals einen Verräter in dem Büro in Wien gegeben haben muss. Deshalb ist dieses Abendessen nicht nur das Wiedersehen zweier ehemals Liebenden.

Der Anruf von Olen Steinhauer

(c) Blessing

Mit zwei Ich-Erzählern entfaltet Olen Steinhauer auf jeweils zwei Zeitebenen das Geschehen: Es gibt die zurückliegenden Ereignisse in Wien und die Gegenwart in Carmel-by-the-sea. Und da Celia und Henry nicht nur miteinander gearbeitet haben, sondern auch eine Beziehung hatten, wird das übliche Spiel um Vertrauen und Verrat noch um Eifersucht und verletzte Gefühle erweitert. Das Abendessen wird zu einem nervösen Tanz, ein Abtasten und Erahnen des Wissens und der Gefühle des Gegenübers, je länger der Abend jedoch dauert, je mehr Wein getrunken und Gänge verspeist wurden, desto härter wird der Ton. Aus dem Tanz wird ein Verhör, das immer mehr Fragen aufwirft. Weiterlesen

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(Politische) Verräter unter uns

Bisher habe ich hier im Blog nur Texte veröffentlicht, die ich für das Zeilenkino geschrieben habe. Aber in den letzten Monaten habe ich gemerkt, dass ich zwar immer mehr schreibe, aber immer weniger Zeit zum Bloggen habe. Und deshalb werde ich fortan hier auch Texte ‚anteasern‘, die ich für andere Internetseiten geschrieben habe. Momentan überlege ich noch, ob ich hier den ganzen Text oder nur den Anfang mit weiterführendem Link veröffentliche – und über Meinungen dazu freue ich natürlich. Den Auftakt macht nun meine aktuelle Kolumne für kino-zeit.de, dort schreibe ich einmal im Monat über Kriminelles und mehr.


Kim Philby und Edward Snowden sind Verräter. Sie haben Geheimnisse ihres Arbeitgebers weitergegeben – Philby an den KGB, Snowden an die Öffentlichkeit. Ob sie den Verrat wegen eines Gesinnungswandels oder ihrer moralischen Überzeugung begangen haben, ist den Verratenen egal. Sie fühlen sich betrogen und im Stich gelassen. Doch Verrat ist nur aus Sicht des Verratenen eine eindeutige Tat, ansonsten ist er ebenso ambivalent zu beurteilen wie der Verräter selbst.
Der Verrat schafft auch eine Verbindung zwischen dem berühmtesten Doppelagenten der britischen Spionagegeschichte, der John Le Carré, Graham Greene und viele Autoren mehr zu ihren Büchern samt Verfilmungen inspirierte, und dem bekanntesten Whistleblower der Welt, dessen Geschichte bislang lediglich in einem Dokumentarfilm geschildert wurde. Dabei funktionieren die Erzählungen über Spionage und Whistleblower nach vergleichbaren Mustern – nur aus verschiedenen Perspektiven. weiterlesen bei kino-zeit.de

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